Alles auf einen Blick — Erhebung vom 23./24.03.2021

Eine Zusammenstellung der wichtigsten Befunde mit Abbildungen und Empfehlungen finden Sie im aktuellen Foliensatz.

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Kurzzusammenfassung

Auf der Basis der aktuellen Ergebnisse der zwei-wöchentlichen COSMO Befragung (Welle 39, 23.03.21 & 24.03.21, 1014 Befragte, deutschlandweite nicht-probabilistische Quotenstichprobe, die die erwachsene Allgemeinbevölkerung für die Merkmale Alter x Geschlecht und Bundesland abbildet) leitet das COSMO Konsortium folgende Empfehlungen zur weiteren Gestaltung der COVID-19 Lage in Deutschland ab.

Bitte beachten Sie: Die meisten Proband/innen haben die Befragung unter den geltenden Beschlüssen der MPK vom Montag, 22.03.21 beantwortet. Bei der Bewertung der Akzeptanz der Maßnahmen und des Vertrauens wurden nur die Proband/innen einbezogen, die vor der Rede der Bundeskanzlerin am 24.03.21, 13.00 Uhr teilgenommen hatten.

Gesamtschau der Daten

Die überwiegende Mehrheit hält sich weitgehend an die Maßnahmen – jedoch werden im privaten Bereich Ausnahmen gemacht und kaum Infektionsrisiken vermutet. Auch am Arbeitsplatz finden viele Kontakte statt. Das Vertrauen in die Regierung sinkt weiter, die Lockerungen haben die Pandemiemüdigkeit nicht gesenkt und derzeit spalten sich die Befragten in zwei etwa gleichgroße Lager, die die Maßnahmen entweder zu locker oder zu streng finden. Die Akzeptanz der Maßnahmen zu erreichen kann derzeit also kaum ein politisches Ziel sein, sondern vorrangig die akute Deeskalation des Infektionsgeschehens sowie die Entwicklung einer Strategie, die den Bürgern Perspektive und Selbstwirksamkeit in der Pandemiebekämpfung gibt. Die Bereitschaft für Screening-Schnelltests ist hoch und könnte stärker zur Pandemiebekämpfung und zur Unterstützung von sicheren Sozialkontakten genutzt werden.

Schutzverhalten

Befunde: Trotz steigenden Infektionszahlen und auch der weit verbreiteten Wahrnehmung, dass die Infektionszahlen weiter steigen werden, nimmt Schutzverhalten nicht zu. Freiwilliges Schutzverhalten wird im zweiten Shutdown weiter seltener gezeigt als im ersten Shutdown. Eine Verschärfung des Shutdowns (17.12.20-21.02.21) führte wieder zu mehr Schutzverhalten, eine Lockerung (ab 22.02.21) zu weniger derartigem Verhalten. Die Risikowahrnehmung variiert zudem nicht systematisch mit den Fallzahlen – was auf starke Gewöhnungseffekte hindeutet. Eine steigende Anzahl an Personen weiß seit den ersten Lockerungen im März außerdem nicht mehr genau, welche Regeln für sie gelten (23%).

Empfehlungen:

Warum steigen die Zahlen?

Befunde: In einer Sonderbefragung (nur Thüringen) wurden den Befragten offene Fragen gestellt, warum die Inzidenzzahlen in Thüringen so viel höher sind als anderswo und durch welche Maßnahmen diese wieder gesenkt werden könnten. Knapp die Hälfte der Befragten hat dazu Angaben gemacht. Am Häufigsten wurde die Missachtung von Maßnahmen genannt. Auch private Treffen werden als Treiber der Infektionszahlen genannt. In der Tat gaben 65% aller Befragten an, mindestens einmal pro Woche Familienmitglieder aus einem weiteren Haushalt zu sehen, davon treffen sich 17% zweimal wöchentlich oder häufiger mit haushaltsfremden Familienmitgliedern. Die Hälfte sieht mindestens einmal die Woche Freunde und Bekannte, davon 13% mindestens zweimal oder häufiger. Alarmierend ist hierbei, dass jede/r zweite Befragte kein Risiko darin sieht. Nur etwa jede/r vierte hält es für wahrscheinlich, sich in dieser Situation anzustecken. Im Gegensatz dazu wird das Risiko einer Ansteckung beim Einkaufen oder beim Arzt als wahrscheinlicher eingeschätzt. Viele Kontakte bestehen außerdem weiterhin am Arbeitsplatz – 55% der befragten berufstätigen Thüringer/innen haben täglich mit mehr als 5 Personen so nahe körperlichen Kontakt, dass eine Ansteckung mit dem Coronavirus möglich wäre. Um die Inzidenz zu senken wurde als häufigstes das schnelle und flächendeckende Impfen genannt, gefolgt von der Idee, mehr und strenger die Einhaltung der Maßnahmen zu kontrollieren. Einige Befragte sehen einen harten (kurzen) Shutdown, härtere Beschränkungen und das konsequente Einhalten der Regeln und Empfehlungen als Möglichkeiten, die Fallzahlen zu reduzieren.

Empfehlungen:

Pandemiemüdigkeit geht durch Lockerungen nicht zurück

Befunde: Die Pandemiemüdigkeit ist wieder etwas gestiegen. Die erfolgten teilweisen Lockerungen sind daher kein Mittel zum Senken der Pandemiemüdigkeit. In einem Experiment sank die Pandemiemüdigkeit, wenn Proband/innen sich zuvor verdeutlicht hatten, was sie motiviert, sich an die Maßnahmen zu halten.

Empfehlungen:

Verschärfung der Maßnahmen

Befunde: Während Anfang März die Mehrheit die Maßnahmen angemessen fand, ist diese Gruppe nun in der Minderheit (28%) und die Befragten spalten sich in zwei relativ ähnlich große Lager auf: 34% finden, die Maßnahmen gehen nicht weit genug, 38% gehen sie zu weit. In der Gesamtschau sind seit den ersten Lockerungen Anfang März die stärker einschränkenden Maßnahmen wieder in der Akzeptanz gestiegen und befinden sich nun auf mittlerem Niveau. Die Zustimmung zu Schulschließungen, Ausgangssperren oder Einschränkung der Freiheitsrechte stieg v.a. bei den Personen, die die Maßnahmen nicht übertrieben finden und ist bei ihnen nun größer als noch vor den Lockerungen.

Empfehlung:

Testen

Die steigende Verfügbarkeit von Schnelltests (entweder kostenlos in Testzentren oder aus dem Handel) fällt zusammen mit einer einer hohen Bereitschaft, diese Test auch durchzuführen, besonders vor dem Besuch von Risikopersonen und nach Kontakt mit Personen mit COVID-19 Symptomen. 74% wären bereit, zweimal wöchentlich an Screenings teilzunehmen. 44% wissen (eher) nicht, wo sie sich testen lassen können. Da frühere Befragungen aber auch gezeigt haben, dass Unsicherheit über die Zuverlässigkeit der Tests besteht, wurde untersucht, wie sorglosem Verhalten nach einem negativen Testergebnis vorgebeugt werden kann. In der Tat gaben Personen in einem Party-Szenario mit 10 negativ getesteten Personen aus drei Haushalten an, dass sie sich weniger sorgen würden, andere anzustecken und auch weniger Abstand halten und Maske tragen würden als eine Gruppe, in der keine Tests erwähnt wurden. Eine dritte Gruppe wurde über die Möglichkeit falsch-negativer Tests aufgeklärt – damit verschwand der Sorglosigkeits-Effekt.

Impfen und die Aussetzung von AstraZeneca

Die Impfbereitschaft ist stabil bei ca. zwei Drittel geblieben; dies ist angesichts der kurzfristigen Aussetzung von AstraZeneca erwähnenswert. Auch an der Impfstoff-Präferenz hat sich nichts geändert: bereits vor zwei Wochen wurde AstraZeneca nur von 2% der Befragten bevorzugt, etwa einem Drittel war der Impfstoff egal – dies ist immer noch so. Jedoch ist das Vertrauen in die Sicherheit des AstraZeneca Impfstoffs geringer als das Vertrauen in COVID-Impfstoffe allgemein; das Vertrauen in die Sicherheit von AstraZeneca ist auch nochmal gesunken: 39% haben vollstes Vertrauen in die Sicherheit der AstraZeneca Impfung; 47% stimmen dem nicht zu. Es herrscht große Unsicherheit über die Wahrscheinlichkeit schwerer Impfnebenwirkungen: 40% hält sie für gering, 42% für hoch. Im Vergleich zum Jahresende 2020 ist jedoch die generelle Bereitschaft gestiegen, sich mit AstraZeneca impfen zu lassen, insbesondere bei Älteren und bei Männern. 50% der Befragten sind (eher) unzufrieden mit der Kommunikationsstrategie staatlicher Stellen in Bezug auf das Aussetzen der Impfungen mit dem AstraZeneca Impfstoff. 59% stimmen zu, dass das vorsorgliche Aussetzen der Impfung mit dem Impfstoff von AstraZeneca gezeigt hat, dass Verdachtsfälle auf schwerwiegende Impf-Nebenwirkungen gründlich beobachtet und geprüft werden. 22% verneinen dies. Ein Drittel gibt an, dass relevante Informationen im Zusammenhang mit der Aussetzung der Impfung nicht einfach zu finden oder nicht einfach zu verstehen waren. Wenn die Corona-Impfung vom Hausarzt empfohlen wurde, steigt auch das Vertrauen in die Sicherheit der AstraZeneca Impfung sowie die Impfbereitschaft mit AstraZeneca. Werden auch nur geringe Zweifel bei der Hausärzt/in wahrgenommen, ist die Impfbereitschaft deutlich geringer.

Empfehlungen:

Vertrauen

Befunde: Das Vertrauen in die Bundesregierung und die Landesregierungen sinkt seit Beginn des 2. Shutdowns im November, insbesondere seit Mitte Februar 2021 sinkt es rapide und hat einen neuen Tiefstand erreicht: Nur noch 30% vertrauen aktuell dem Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung. Die Bundesregierung wird signifikant weniger kompetent, wohlwollend und integer wahrgenommen als noch vor einem Monat. Das RKI hat zwar auch etwas an Vertrauen verloren, genießt von allen Behörden jedoch immer noch das höchste Vertrauen. (Betriebs-)Ärzt/innen und Krankenhäuser genießen hohes Vertrauen; Gesundheitsämtern wird eher nicht vertraut, Tendenz weiter sinkend. Vertrauen in die Wissenschaft ist nach wie vor hoch.

Empfehlungen:

Generelle Empfehlungen zur Gesundheits- und Krisenkommunikation auf Basis der aktuellen und früheren Befunde

Wichtige Inhalte sollten handlungsorientiert kommuniziert werden:

In diese Kommunikation könnten Ärzte/innen und Wissenschaftler/innen einbezogen werden, da sie gleichbleibend hohes Vertrauen genießen. Regierungskommunikation alleine erreicht durch den Vertrauensverlust mittlerweile keine ausreichend große Gruppe mehr, andere Akteure sollten dringend mit einbezogen werden.

Auch partizipative Ansätze sollten stärker verfolgt werden, 40% der Befragten würden sich gerne beteiligen.

Bei jeder Kommunikationsstrategie sollte die Allgemeinverständlichkeit, Alltags- und Handlungsrelevanz der Inhalte im Vordergrund stehen. Zu diesem Zweck sollte die Kommunikationsstrategie auf aktuellen Erkenntnissen der Gesundheits- und Risikokommunikation und der kognitiven Verhaltenswissenschaften beruhen.

Empfehlenswerte weitere Ressourcen zur Impfkommunikation, Pandemimüdigkeit, Korrektur von Falschinformationen etc. verlinken wir unter https://projekte.uni-erfurt.de/cosmo2020/web/ressources/