Die Zustimmung zu einer verpflichtenden Impfung gegen COVID-19 fiel in 2020, stieg bis Ende November 2021 und hat sich mittlerweile auf einem niedrigeren Niveau stabilisiert. Aktuell befürworten 43% aller Befragten (eher) eine Impfpflicht.
Achtung: Die nachfolgenden Analysen und Abbildungen beziehen sich auf vergangene Erhebungswellen.
Im April 2022 befürworteten 56% der Befragten eine Impfpflicht für Personen, die aus Kriegs- und Kriesengebieten nach Deutschland kommen. Die Befürwortung fällt dann höher aus, wenn die Befragten auch für eine allgemeine Impfpflicht sind (r = 0.74, p < .001).
In der Erhebung vom 11./12.01.2022 sollten sich die Befragten in eines von drei Szenarien hineinversetzen:
Szenario 1: Einführung der 1G Regelung (nur Geboosterte haben Zugang zu Einzelhandel und Freizeiteinrichtungen bis eine ausreichend hohe Booster-Impfquote von 95 Prozent erreicht ist. Danach können auch ungeimpfte Personen wieder im Einzelhandel einkaufen und Freizeiteinrichtungen besuchen. Die geplante Impfpflicht für alle entfällt dadurch. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht bleibt zum Schutz der besonders vulnerablen Gruppen bestehen.)
Szenario 2: Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab Februar, Durchführung einer bundesweiten Kontrolle, einmalige Geldstrafe von 2500 Euro bei fehlendem Impfschutz.
Szenario 3: Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab Februar, Durchführung regelmäßiger bundesweiter Kontrollen, wiederkehrende Geldstrafe von 100 Euro bei fehlendem Impfschutz.
Die mittlere Befürwortung der Szenarien fiel bei Ungeimpften niedrig aus und führte zu viel Verärgerung, insbesondere wenn eine Impfpflicht mit wiederkehrenden Geldstrafen angekündigt wurde.
Die Bereitschaft zur Impfung fiel bei Ungeimpften in allen drei Szenarien niedrig aus. Wegen der kleinen Zahl Ungeimpfter sind keine signifikanten Unterschiede zwischen den Szenarien auszumachen.
Die Bereitschaft zur Umgehung der angekündigten Regelung fiel bei Ungeimpften insgesamt hoch aus und lag bei einer Impfpflicht mit wiederkehrenden Geldstrafen signifikant höher als bei Ankündigung einer 1G-Regelung.
In der Welle vom 30.11.21 wurden die Teilnehmenden drei unterschiedlichen Szenarien zur Impfpolitik ausgesetzt.
Die Impfung, das bedeutet auch das Boostern, gegen COVID-19 …
bleibt eine freiwillige Entscheidung
ist für Personen ab 60 Jahren verpflichtend
ist für alle Personen ab 18 Jahren verpflichtend.
Ungeimpfte Personen zeigen mehr Reaktanz, wenn die Impfung verpflichtend ist im Vergleich zur Bedingung ohne Impflicht.
Geimpfte Personen hingegen zeigen ein gegenteiliges Muster. Bleibt die Impfung freiwillig zeigen diese mehr Reaktanz im Vergleich zu den Bedingungen in denen die Impfung verpflichtend ist.
Angenommen wurde, dass eine Impfpflicht eine Extremform einer Impfempfehlung ist. Böhm et al. (2017) fanden in früherer Forschung heraus, dass eine Impfempfehlung für Risiko-Gruppen (die meist kleinere Subgruppen der Bevölkerung sind) zu einer insgesamt niegdrigeren Impfquote führt, als eine allgemeine Impfempfehlung. Die Impfquote in der Risikogruppen-Bedingung war sogar niedriger als in der Bedingung ohne Impfempehlung.
Es wurde in der Welle vom 30.11.21 untersucht, ob sich der Effekt auch auf eine risiko-gruppenspezifische Impfpflicht übertragen lässt.
Dabei wird vor allem die Gruppe betrachtet, für die eine Impfpflicht nicht gilt (in diesem Falle: alle Personen unter 60 Jahren). Es zeigte sich, dass bei einer Impfpflicht nur für über-60 Jährige die Bereitschaft, sich vor Inkraftreten der Impfpflicht impfen zu lassen, niedriger war, als in der Bedingung mit allgemeiner oder ohne Impfpflicht. Wir interpretieren es so, dass eine Impfempfehlung und auch eine Impfpflicht Signale zur Wichtigkeit einer Impfung sendet. Eine risikogruppenspezifische Impfpflicht signalisiert der Nicht-Risiko-Gruppe, dass die Impfung nicht wichtig für sie ist. Ist die Gruppe, für die die Pflicht nicht gilt, relativ groß im Vergleich zur Risiko-Gruppe, hat das negative Auswirkung auf die Gesamt-Impfquote.
In der Erhebung vom 02.11.2021 lasen die Teilnehmenden in drei von vier Gruppen einen längeren Text über die Gefahren einer Coronainfektion für Krebspatienten. Diese sind häufig gegen das Virus geimpft, aber wegen der Erkrankung und der Therapien weniger vor einer Infektion geschützt. Die Teilnehmenden wurden darüber informiert, dass Krebspatient:innen durch eine hohe Impfquote in der Gesamtbevölkerung geschützt werden können. Anschließend sollten sie sich vorstellen, dass ein Verband von Onkolog:innen oder eine Gruppe von Krebspatient:innen oder eine Gruppe von Politiker:innen die Einführung einer Impfpflicht fordert. In einer vierten Gruppe erhielten die Teilnehmenden keine Informationen. Anschließend wurden alle Teilnehmenden gefragt, ob sie die Einführung einer Impfpflicht ablehnen oder befürworten. Es zeigte sich, dass die Unterstützung einer Impfpflicht durch die Informationen nicht zunahm, unabhängig von den beschriebenen Akteuren.
In der Erhebung vom 02.11.2021 wurden die Teilnehmenden gefragt, inwiefern Sie folgende Forderungen zur Steigerung der Impfquote unterstützen:
Unter Geimpften erfuhren die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht und der Lockdown für Ungeimpfte mittlere Zustimmung. Die Befürwortung eines nachrangigen Zugangs zu Intensivkapazitäten fiel geringer aus.
Anschließend wurde Ungeimpften eine der drei Forderungen noch einmal gezeigt und gefragt, ob sie sich bei Umsetzung impfen lassen würden. Keine der drei Maßnahmen führte zu einer Steigerung der selbstberichteten Impfbereitschaft.
In der Erhebung vom 19.10.2021 wurden die Teilnehmenden gegfragt, inwiefern sie einer Impfpflicht für die Angehörigen bestimmter Berufe zustimmen. Einer Impfpflicht stimmten zwischen 60% (für Polizist:innen) und 71% (für Ärzt:innen) zu.
Ingesamt hingen die Zustimmungswerte stark zusammen (Cronbach’s alpha = 0.98). Es wurde ein Mittelwert der Zustimmung über alle Berufsgruppen gebildet. Dieser fiel für geimpfte Personen wesentlich höher aus als für Ungeimpfte.