Ergebnisse aus dem wiederholten querschnittlichen Monitoring von Wissen, Risikowahrnehmung, Schutzverhalten und Vertrauen während des aktuellen COVID-19 Ausbruchsgeschehens

Stand: 13.05.2020 (Version 09-02)


In dieser Welle sind zusätzlich dabei: Medizinische Hochschule Hannover und Yale University, Department of Psychology


Ziel

Ziel dieses Projektes ist es, wiederholt einen Einblick zu erhalten, wie die Bevölkerung die Corona-Pandemie wahrnimmt: wie sich die “psychologische Lage” abzeichnet. Dies soll es erleichtern, Kommunikationsmaßnahmen und die Berichterstattung so auszurichten, um der Bevölkerung korrektes, hilfreiches Wissen anzubieten und Falschinformationen und Aktionismus vorzubeugen. So soll z.B. auch versucht werden, medial stark diskutiertes Verhalten einzuordnen, wie z.B. die Diskriminierung von Personen, die augenscheinlich aus stark betroffenen Ländern wie China oder Italien kommen, oder sogenannte Hamsterkäufe. Wir wollen ergründen, wie häufig solches Verhalten tatsächlich vorkommt und welche Faktoren dieses Verhalten möglicherweise erklären können.

Diese Seite soll damit Behörden, Medienvertretern, aber auch der Bevölkerung dazu dienen, die psychologischen Herausforderungen der COVID-19 Epidemie einschätzen zu können und im besten Falle zu bewältigen.

Alle Daten und Schlussfolgerungen sind als vorläufig zu betrachten und unterliegen ständiger Veränderung. Ein Review Team von wissenschaftlichen Kolleg/innen sichert zudem die Qualität der Daten und Schlussfolgerungen. Trotz größter wissenschaftlicher Sorgfalt und dem Mehr-Augen-Prinzip haften die beteiligten Wissenschaftler/innen nicht für die Inhalte.

Informationen zu COVID-19 und dem Ausbruchgeschehen

Wichtig: Hier finden Sie KEINE Informationen zu COVID-19 und dem eigentlichen Ausbruchsgeschehen. Wenn Sie das suchen, klicken Sie bitte hier:


Gegenstand dieser Informationsseite ist die jeweils zuletzt durchgeführte Erhebung. Die wöchentlichen Auswertungen der vorherigen Erhebungswellen finden Sie hier: https://projekte.uni-erfurt.de/cosmo2020/archiv/

Preprints: https://www.psycharchives.org/handle/20.500.12034/2398

Studienprotokoll: http://dx.doi.org/10.23668/psycharchives.2776

Fragebögen: https://dfncloud.uni-erfurt.de/s/Cmzfw8fPRAgzEpA

Materialien für die Nutzung in anderen Europäischen Ländern basierend auf COSMO (WHO Regionalbüro für Europa): http://www.euro.who.int/en/covid-19-BI


Wissenschaftliche Verantwortung und Initiative: UE

Finanzierung: UE, ZPID, RKI, BZgA

Auswertung und Dokumentation: UE


Kontakt: cornelia.betsch@uni-erfurt.de


Eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Ergebnissen, Empfehlungen und Abbildungen als Kurzpräsentation gibt es hier: https://dfncloud.uni-erfurt.de/s/BEqqsgnCDBRqp3D


1 Zusammenfassung und Empfehlungen

Dieses Kapitel fasst alle Ergebnisse zusammen und gibt Empfehlungen; die Abbildungen dazu finden sich in den Einzelkapiteln weiter unten.

Analyse der 9. Datenerhebung (28.04.-29.04.2020). Die Datenerhebungen finden wöchentlich dienstags und mittwochs statt.

Die 1020 Befragten wurden aus einem durch die Firma Respondi (https://www.respondi.com/) rekrutierten und gepflegten Befragtenpool (sog. Online-Panel) so gezogen, dass sie der Verteilung von Alter, Geschlecht (gekreuzt) und Bundesland (ungekreuzt) in der Deutschen Bevölkerung entsprechen.

Sorglosigkeit: Risiko und Verhalten

Trotz der relativ hohen Risikowahrnehmung treten “Ermüdungserscheinungen” im Zusammenhang mit der Akzeptanz der Maßnahmen auf: Die Maßnahmen sind immer noch gut akzeptiert, die Zustimmung sinkt aber weiter.

Ca. ein Drittel der Befragten hält es für (eher) unwahrscheinlich, sich anzustecken wenn sie haushaltsfremde Personen treffen, einkaufen, zum Arzt gehen oder außer Haus sind.

Es zeigt sich seit Anfang März eine auffällige Parallelität der Mobilität (gemessen mit Mobilfunkdaten) und der Aussage, dass man die Maßnahmen übertrieben findet sowie dem gefühlten Risiko: Wenn in den Befragungen die Ablehnung der Maßnahmen höher war, gab es auch mehr Mobilität; wenn das gefühlte Risiko höher war, gab es weniger Mobilität.

  • Empfehlung: Die gemeinsam durch die Maßnahmen erzielte Erfolge sollten weiter betont werden.

  • Empfehlung: Die epidemiologische Konsequenz von Ausnahmen oder Nicht-Einhaltung der Maßnahmen sollte verdeutlicht werden (z.B. visuell).

  • Empfehlung: Ermüdungserscheinungen bei der Umsetzung von geforderten Maßnahmen sind nach mehreren Wochen aus psychologischer Sicht nachvollziehbar. Umso mehr muss die Bevölkerung dafür motiviert werden, wofür sie das alles tut: zum Schutz der anderen und zur Aufrechterhaltung der Freiheitsgrade, die wir bisher erreicht haben.

Sorgen

Sorgen um die Wirtschaftskraft bleiben stabil hoch. Alle anderen Sorgen gehen tendenziell zurück, vor allem die Sorge um die Überlastung des Gesundheitssystems.

Die Befürchtung, dass die Corona-Pandemie die soziale Ungleichheit verstärkt, bleibt nach wie vor bestehen.

  • Empfehlung: Da die Sorge um Ungleichheit offensichtlich hoch ist, könnte die Verhinderung von Ungleichheit durch Corona ein wichtiger Faktor in der Kommunikation werden.

Befolgen der Maßnahmen

19% der Befragten machen Ausnahmen bei der Beschränkung der Personenkontakte (Vorwoche 24%).

24% machen Ausnahmen und Treffen haushaltsfremde Freunde und Verwandte (neu).

Knapp ein Drittel der Befragten hält es für (eher) unwahrscheinlich, sich anzustecken wenn sie haushaltsfremde Personen treffen, einkaufen, zum Arzt gehen oder außer Haus sind.

7% unternehmen private Reisen (neu).

9% gehen (eher) nicht in Selbstquarantäne bei Symptomen (Vorwoche 22%).

  • Empfehlung: Bei einer schrittweisen Lockerung sollte genau spezifiziert werden, welche Regeln gelten. Regelungen sollten alltagsnah und mit Beispielen kommuniziert werden.

  • Empfehlung: Mögliche Ansteckungsorte sollten visuell kommuniziert werden: Wo ist die Gefahr besonders hoch? Wie kann man sich schützen?

  • Empfehlung: Der soziale Nutzen der Maßnahmen und der Schutz Schwacher sollte (weiterhin) stark betont werden.

Vertrauen

Krankenhäuser und Ärzte genießen hohes Vertrauen, alle anderen Institutionen pendeln sich auf einem etwas niedrigerem Niveau (als Ende März) ein.

Vertrauen in die Behörden ist ein wichtiger Einflussfaktor für die Akzeptanz vieler Maßnahmen (z.B. auch Akzeptanz einer Tracing-App, einer möglichen Impfung gegen COVID-19 (Welle 7), der Beibehaltung der Maßnahmen etc.) und daher besonders schützenswert.

  • Empfehlung: Transparente Kommunikation ist weiterhin wichtig, um das Vertrauen aufrecht zu erhalten

  • Empfehlung: Gemeinsam erzielte Erfolge sollten betont werden, um das Vertrauen aufrecht zu erhalten

Maskenpflicht greift

60% tragen bereits häufig oder immer Masken in der Öffentlichkeit (Vorwoche 34%).

56% denken, Stoffmaske-Tragen sollte verpflichtend sein (Vorwoche 54%).

Am häufigsten werden Stoffmasken getragen. Über die Schutzwirkung (Träger vs. andere) wissen die meisten korrekt Bescheid.

Wer wahrnimmt, dass viele andere eine Maske tragen, trägt auch eher selbst eine.

85% (Vorwoche: 72%) geben an zu wissen, wo sie eine Mund-Nasen-Bedeckung (Stoffmaske) besorgen können, jüngere Personen und Männer wissen es seltener.

Nur 12% tragen Masken, die medizinischem Personal vorenthalten sind. Unter diesen ist v.a. bei Ventilmasken nicht ausreichend bekannt, dass sie nur den Träger, nicht aber andere schützen.

  • Empfehlung: Die Beschränkungen des (Selbst)Schutzes durch Stoffmasken sollte weiter deutlich kommuniziert werden.

  • Empfehlung: Der fehlende Schutz anderer durch FFP2 Masken mit Ventil sollte weiter kommuniziert werden.

  • Empfehlung: Sollten FFP2/3 Masken knapp werden, reicht eine Empfehlung, dass diese nur Fachpersonal vorenthalten sein sollten, möglicherweise nicht aus. Diese Empfehlung sollte bereits jetzt verstärkt kommuniziert werden.

Bereitschaft sich eine Tracing-App runterzuladen immer noch gering

48% (Vorwoche 49%) sind eher bereit oder bereit, sich eine datenschutzkonforme App zu installieren

22% (Vorwoche 22%) würden sich eine solche App auf keinen Fall runterladen.

84% (Vorwoche 81%) hatten bereits von einer solchen App gehört.

Vertrauen in die Behörden spielt nach wie vor eine Rolle bei der potenziellen Akzeptanz der App.

Weitere Analysen zeigen, dass die Freiwilligkeit besonders wichtig ist und eine Pflicht zur App-Benutzung abgelehnt wird.

  • Empfehlung: Vertrauen sollte durch größere Transparenz gestärkt werden.

  • Empfehlung: Eine Tracing-App sollte freiwillig sein.

Impfungen werden abgesagt

Von den geplanten Impfungen der 131 erwachsenen Befragten wurden 30% durch die Corona-Situation abgesagt.

Ein Viertel der befragten Eltern hatte in den letzten 6 Wochen einen geplanten Impftermin; 17% der 71 geplanten Kinderimpfungen wurden durch die Corona-Situation abgesagt. (Welle 7: 35%)

Bei 79% der Erwachsenen (68% Kinder) wurde kein Nachholtermin vereinbart.

  • Empfehlung: Ärztinnen und Ärzte sollten so unterstützt werden, dass geplante Impfungen weiter durchgeführt werden, damit keine Impflücken entstehen.

  • Empfehlung: Wenn Termine abgesagt werden sollte dringend ein Nachholtermin vereinbart werden.

Die zweite Welle

91% haben schon einmal davon gehört, dass es eine 2. Welle der Pandemie geben kann; 70% aller Befragten halten eine 2. Welle für (eher) wahrscheinlich). Die meisten Befragten erwarten sie in 2 Monaten.

Je wahrscheinlicher oder näher eine 2. Welle der Corona-Epidemie eingeschätzt wird, desto länger würden sich Personen bei einer 2. Welle nochmal einschränken und desto größer ist auch die Bereitschaft, sich in den kommenden 2 Wochen häufiger an die Maßnahmen zu halten.

Die Sorge vor einer zweiten Welle scheint eine große Motivation für die Einhaltung der geltenden Regeln zu sein. Dies kann in der Krisenkommunikation genutzt werden um das Einhalten der Maßnahmen zu fördern. Es bleibt jedoch die Gefahr eines Bumerang-Effekts, d.h. im Falle eines Ausbleibens der zweiten Welle könnte es auch zu einem Vertrauensverlust kommen.

  • Empfehlung: Im begründeten Fall sollte auf eine mögliche 2. Welle und mögliche wiederholte Einschränkungen hingewiesen werden.

Ausstriegsstrategien

In einem Wahl-Experiment zeigte sich: Als wichtigste Kriterien für die Befürwortung von Lockerungs-Szenarien haben sich die ausreichende Kapazität der Intensivstationen und die Ablehnung einer verpflichtenden Tracing-App gezeigt. Schulen sowie v.a. Gastronomie sollten eher nicht sofort, sondern später geöffnet werden.

In direkter Bewertung, welche Branchen im ersten oder in späteren Schritten öffnen sollten, zeigte sich: Für einen ersten Schritt finden die Befragten die Öffnung des Einzelhandels wichtig. Bildungs- und Sporteinrichtungen werden von den Befragten erst im zweiten Schritt gesehen. Viel diskutierte Branchen wie Gotteshäuser und Fußballspiele werden nur von Minderheiten für den ersten Schritt als wichtig angesehen. Kultureinrichtung halten die meisten Personen erst in Schritt 3 für wichtig.

  • Empfehlung: Diese Einschätzungen der Bevölkerung sollten neben Überlegungen zum Infektionsschutz bei der schrittweisen Öffnung der Brachen zur Abwägung herangezogen werden.

Kita-Öffnungen

Auch wenn ca. die Hälfte der Eltern von unter-6 jährigen Kindern angibt, die momentane persönliche Situation als belastend zu empfinden, ist die Mehrheit dieser Eltern für eine Öffnung der Kitas erst in einem zweiten Schritt (vs. sofort oder 3. Schritt).

2 Hinweise zur Datenerhebung und Interpretation der Daten

Die Daten werden zunächst wöchentlich erhoben mit Beginn am 03.03.2020. Bei einer Veränderung oder Zuspitzung der Lage können die Intervalle zwischen den Wellen verkürzt werden. Eine Welle dauert von 10 Uhr morgens bis 24 Uhr am Folgetag, umfasst also ca. 2 Tage.

Es handelt sich um Querschnittsdaten, d.h., dass an den verschiedenen Wellen verschiedene Personen teilgenommen haben.

In jeder Welle werden ca. 1000 Personen mit einem Online-Fragebogen befragt. Die Stichproben werden jeweils so gezogen, dass sie der Verteilung von Alter, Geschlecht (gekreuzt) und Bundesland (ungekreuzt) in der Deutschen Bevölkerung entsprechen.

Auswertungsstrategie: Es werden v.a. deskriptive Daten im Verlauf über die Zeit gezeigt. Für den aktuellen Messzeitpunkt berechnen wir zudem Regressionen, also Analysen, die den relativen Einfluss verschiedener möglicher Einflussfaktoren auf das Verhalten oder die Risikowahrnehmung bestimmen (Alter, Geschlecht, Bildung, Arbeit im Gesundheitssektor, chronische Erkrankung, ein Kind unter 18 haben, Gemeindegröße, Vertrauen in die Behörden, Vertrauen in den Gesundheitssektor, Vertrauen in den Arbeitgeber, Relevanz verschiedener Medien und Informationsquellen; für eine komplette Liste siehe Daten im Detail), verschiedene affektive Aspekte (Angst, Sorge, Dominanz des Themas, Hilflosigkeit), verschiedene Aspekte bezogen auf die Wahrnehmung des Virus (wahrgenommene Nähe, Ausbreitungsgeschwindigkeit, Neuheit), gefühltes und echtes Wissen (COVID-19, Schutzmaßnahmen), Selbstwirksamkeit und wahrgenommene Sicherheit in Bezug auf effektive Schutzmaßnahmen, Wahrnehmung des Ausbruchs als Medienhype, Häufigkeit der Informationssuche über Corona, Infizierte im persönlichen Umfeld (bestätigt und unbestätigt vs. nicht). Als Regressionsmethode verwenden wir eine Rückwärtsregression mit Elimination, was man sich wie ein Fischernetz vorstellen kann: um möglichst viel Erklärkraft zu gewinnen, um Ansatzpunkte für Policies und Kommunikation zu finden, werden möglichst viele Variablen exploriert.

Hinweis: Ausschließlich in Welle 4 wurde zusätzlich das Alterssegment über 74 Jahren erhoben. Um die Vergleichbarkeit zwischen den Wellen zu erhalten wurde dieses Alterssegment aus den Berechnungen ab Welle 5 wieder ausgeschlossen (d.h. die dargestellten Daten aus Welle 4 enthalten nur Personen bis einschließlich 74 Jahren).

Limitationen: Analysen über Zusammenhänge können keine Aussagen darüber treffen, was Ursache und was Wirkung ist. Die reguläre Stichprobe umfasst Personen im Alter von 18-74 Jahren.


3 Psychologische Lage

Für menschliches Entscheiden ist die Wahrnehmung von Risiken wichtig. Für Verhalten spielen zudem Emotionen wie Angst oder das Gefühl, bedroht zu sein, eine Rolle. Ferner sind Kontrollüberzeugungen relevant – wenn ich mich schützen will, habe ich dann das relevante Wissen, bin ich sicher, dass ich mich schützen kann?

Die folgenden Grafiken zeigen zunächst den aktuellen Stand und die Veränderung der relevanten Variablen. Weiter unten wird exploriert, inwiefern diese Variablen auch mit effektivem Schutzverhalten oder anderen Verhaltensweisen wie Hamsterkäufen zusammenhängen (siehe Abschnitt “Wer verhält sich wie?”).

3.1 Risikowahrnehmung

Die folgenden drei Grafiken zeigen verschiedene Aspekte der Risikowahrnehmung im Verlauf der Erhebungen.

Insgesamt ist die Risikowahrnehmung etwas niedriger als zum Zeitpunkt der Maßnahmenverschärfung (Mitte/Ende März) und nach einem leichten Abrutschen über die letzten 3 Wochen in der letzten Woche wieder etwas gestiegen.

Hinweis: Die Erkrankungswahrscheinlichkeit, der Schweregrad und die Anfälligkeit wurden für Welle 8 (21.04.2020) vom 22. - 25-04.2020 für n=826 Befragungsteilnehmer nacherhoben. Es liegen 180 fehlende Werte für die Erkrankungswahrscheinlichkeit vor.

Risikowahrnehmung und Alter

In den Analysen zur Risikowahrnehmung zeigte sich bislang, dass Ältere ihre Wahrscheinlichkeit zu erkranken als signifikant niedriger einschätzen als Jüngere. Dafür schätzen Ältere den Schweregrad einer COVID-19 Erkrankung und ihre Anfälligkeit als höher ein. Die Daten sind hier daher nochmal aufgesplittet nach Altersgruppen aufbereitet:

Optimistic Bias

Die wahrgenommene Wahrscheinlichkeit selbst zu erkranken kann sich deutlich von der wahrgenommenen Erkrankungswahrscheinlichkeit Anderer unterscheiden. Besonders bei Personen ab 50 Jahren sehen wir einen Optimistic bias: für sich selbst wird die Wahrscheinlichkeit zu erkranken als geringer wahrgenommen als für andere Personen desselben Alters und Geschlechts.

Ansteckungswahrscheinlichkeit in verschiedenen Situationen

In Welle 9 wurden die Teilnehmer befragt, wie hoch sie ihre Erkrankungswahrscheinlichkeiten in verschiedenen Situationen einschätzen.

Dies sind alles potenzielle Infektionsquellen, wobei die Stunden außer Haus auch Bewegung im Freien einschließen können.

Ca. ein Drittel der Befragten hält es für (eher) unwahrscheinlich sich anzustecken, wenn sie haushaltsfremde Personen treffen, einkaufen, zum Arzt gehen oder außer Haus sind.

3.2 Corona und Emotionen

Die folgenden drei Grafiken zeigen verschiedene emotionale Aspekte über den Verlauf der Erhebungen. Nach einem stetigen Anstieg für die Dominanz des Themas, die Angst und Besorgnis der letzten Wochen, gehen die Werte wieder leicht zurück. Es scheint eine Gewöhnung einzusetzen.

Ältere Menschen sorgen sich mehr (r = 0.07 ) und haben mehr Angst (r = 0.09 ) als jüngere Menschen. Ältere und jüngere Menschen denken gleichermaßen häufig an den Coronavirus (r = -0.01 ).

Interpretation der Korrelationskoeffizienten r: höhere Werte zeigen einen stärkeren Zusammenhang an, Werte nahe Null zeigen, dass es keinen Zusammenhang gibt, um 0.1 einen kleinen Zusammenhang. Werte um 0.3 zeigen einen mittleren Zusammenhang, ab 0.5 spricht man von einem starken Zusammenhang. Ein negatives Vorzeichen bedeutet, dass hohe Werte auf der einen Variable mit niedrigen Werte auf der anderen Variable auftreten. p-Werte < 0.05 zeigen statistisch bedeutsame Zusammenhänge an. Korrelationskoeffizienten, die statistisch bedeutsam sind, werden fett gedruckt

3.3 Sorgen

Verschiedene Sorgen können über die Zeit relevant werden.

Sorgen um die Wirtschaftskraft bleiben stabil hoch.

Alle anderen Sorgen gehen tendenziell zurück, vor allem die Sorge um die Überlastung des Gesundheitssystems.

Individuelle wirtschaftliche Sorgen sind eher gering (z.B. vor finanziellen Einbußen, Verlust des Arbeitsplatzes)

Dunklere Balken sind aktuellere Daten.

Hinweis: Sind weniger Balken zu sehen, sind die Fragen nur in einigen Wellen abgefragt worden: “die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert wird” (ab Welle 4) und “Sie aufgrund von Einkommenseinbußen in finanzielle Schwierigkeiten geraten (z.B. durch Kurzarbeit)?” (ab Welle 5). Die Angabe zur Aussage “… dass Sie Ihren Arbeitsplatz verlieren?” ist nicht verpflichtend (gültige Angaben: Welle 3 n = 963, Welle 4 n = 903, Welle 5 n = 990, Welle 6 n = 992, Welle 7 n = 1003, Welle 8 n = 974, Welle 9 n = 987).

4 Wissen und Verhalten

In diesem Abschnitt betrachten wir Wissen über Schutzmaßnahmen und Faktoren, die relevant sind, damit dieses Verhalten auch umgesetzt wird.

4.1 Gefühltes und echtes Wissen über COVID-19

Die folgende Grafik zeigt den aktuellen Stand und die Veränderung des selbst eingeschätzten und tatsächlichen mittleren Wissens zu COVID-19. Achtung: selbst eingeschätztes Wissen wurde allgemein abgefragt, tatsächliches Wissen sind 3 Wissensfragen zu Behandlungsoptionen, Übertragung und Inkubationszeit. Das gefühlte Wissen steigt langsam, offenbart aber auch Unsicherheiten, die möglicherweise die wissenschaftlichen Unsicherheiten spiegeln.

Der Zusammenhang zwischen selbst eingeschätztem Wissen und tatsächlichem Wissen über COVID-19 ist gering, Korrelation (r): 0.09

Hinweis: Die Berechnung des Scores für das tatsächliche Wissen wurde rückwirkend für alle Wellen angepasst (ab Welle 3 aus drei anstelle von vier Items, da ein Item aus dem Fragebogen entfernt wurde).

4.2 Wirksame Schutzmaßnahmen

Damit wirksames Schutzverhalten ergriffen werden kann, muss dieses erstmal bekannt sein. Die Daten zeigen, dass wesentliche Maßnahmen sehr gut bekannt sind, aber immer noch nicht durchgängig ergriffen werden.

Wissen wurde erfasst als ja vs. nein/weiß nicht.

Verhalten wurde auf einer 5-stufigen Skala erfasst (nie, selten, manchmal, häufig, immer); als Personen, die das Verhalten ergriffen haben zählen diejenigen, die mindestens häufig oder immer angegeben haben. Weiter unten ist das Verhalten nochmal nach den Häufigkeitskategorien aufgeteilt.

Im untenstehenden Diagramm ist die Häufigkeit einzelner Verhaltensweisen dargestellt. Jeder Balken veranschaulicht die Häufigkeitsverteilung für jene Personen, auf die das Verhalten anwendbar ist und ergibt 100%. Je breiter ein Balkenabschnitt ist, desto mehr Personen gaben an, das Verhalten in der jeweiligen Häufigkeit ausgeführt zu haben. Die Prozentangabe auf der rechten Seite der grünen Balkenabschnitte gibt den Anteil der Personen an, die ein Verhalten „immer“ oder „häufig“ zeigen, z. B. vermeiden 94% immer oder häufig Händeschütteln. Die negativen Prozente auf der X-Achse helfen, den Anteil der Personen abzulesen, die ein Verhalten „nie“ bis „manchmal“ (rote und gelbe Balkenabschnitte) gezeigt haben, z. B. tragen 40% nie, selten oder manchmal eine Atemschutzmaske.

  • 19% der Befragten machen Ausnahmen bei der Beschränkung der Personenkontakte (Vorwoche 24%)

  • 24% machen Ausnahmen und Treffen haushaltsfremde Freunde und Verwandte (neu)

  • Knapp ein Drittel der Befragten hält es für (eher) unwahrscheinlich, sich anzustecken wenn sie haushaltsfremde Personen treffen, einkaufen, zum Arzt gehen oder außer Haus sind.

  • 7% unternehmen private Reisen (neu)

  • 59% gehen (eher) nicht in Selbstquarantäne bei Symptomen (Vorwoche 22%)

4.3 Offizielle Verfügungen

Damit die offiziellen Verfügungen umgesetzt werden können, müssen sie erstmal bekannt sein. Die Daten zeigen, dass wesentliche Verfügungen sehr gut bekannt sind, aber immer noch nicht durchgängig ergriffen werden.

Wissen wurde erfasst als ja vs. nein/weiß nicht.

Verhalten wurde auf einer 5-stufigen Skala erfasst (nie, selten, manchmal, häufig, immer); als Personen, die das Verhalten ergriffen haben zählen diejenigen, die mindestens häufig oder immer angegeben haben. Weiter unten ist das Verhalten nochmal nach den Häufigkeitskategorien aufgeteilt.

Im untenstehenden Diagramm ist die Häufigkeit einzelner Verhaltensweisen dargestellt. Jeder Balken veranschaulicht die Häufigkeitsverteilung für jene Personen, auf die das Verhalten anwendbar ist und ergibt 100%. Je breiter ein Balkenabschnitt ist, desto mehr Personen gaben an, das Verhalten in der jeweiligen Häufigkeit ausgeführt zu haben. Die Prozentangabe auf der rechten Seite der grünen Balkenabschnitte gibt den Anteil der Personen an, die ein Verhalten „immer“ oder „häufig“ zeigen, z. B. halten 91% der Personen immer oder häufig 1,50m Abstand in der Öffentlichkeit. Die negativen Prozente auf der X-Achse helfen, den Anteil der Personen abzulesen, die ein Verhalten „nie“ bis „manchmal“ (rote und gelbe Balkenabschnitte) gezeigt haben, z. B. begeben sich 28% nie, selten oder manchmal in die Selbstquarantäne, wenn sie keine Symptome zeigen.

  • 80% bleiben zuhause, wenn sie krank sind, obwohl 92% angeben, zu wissen, dass man es sollte.

  • 60% tragen eine Maske, obwohl 80% wissen, dass man es sollte.

Wer macht Ausnahmen?

Die folgende Analyse untersucht genauer am Beispiel des Meidens öffentlicher Orte, was Personen charakterisiert, die sich immer und häufig an diese Regeln halten im Vergleich zu denen, die es nur manchmal, selten oder nie tun.

An die Regeln halten sich häufiger: Personen in kleineren Städten, Personen, die dem Gesundheitssystem vertrauen, viel Wissen, viel Informationen suchen und ein höheres Risiko wahnehmen.

Interpretation: Dargestellt sind die Ergebnisse einer binär-logistischen schrittweisen Regressionsanalyse (bestes statistisches Modell). Odds ratio treffen eine Aussage darüber, inwieweit das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines Merkmals A (z.B. einen Beruf im Gesundheitsektor ausüben) mit dem Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines weiteren Merkmals B (z.B. sich häufig oder immer an die Regeln halten) zusammenhängt. CI sind die 95% Konfidenzintervalle der Koeffizienten. Fettgedruckte Einflussfaktoren sind signifikant und haben einen statistisch bedeutsamen Einfluss. Werte über 1: höhere Werte auf diesem Einflussfaktor zeigen an, dass die Personen sich eher häufig oder immer an die Regeln halten. Werte unter 1: kleinere Werte auf diesem Einflussfaktor zeigen an, dass sich die Personen eher nur manchmal, selten oder nie an die Regeln halten.

Variablen im Modell: Alter, Geschlecht, Bildung, Arbeit im Gesundheitssektor, chronische Erkrankung, ein Kind haben unter 18, Gemeindegröße, Vertrauen in die Behörden, Vertrauen in den Gesundheitssektor, Risikowahrnehmung (Erkrankungswahrscheinlichkeit, Anfälligkeit, Schweregrad), verschiedene affektive Aspekte (Angst, Sorge, Dominanz des Themas, Hilflosigkeit), verschiedene Aspekte bezogen auf die Wahrnehmung des Virus (wahrgenommene Nähe und Ausbreitungsgeschwindigkeit), gefühltes und echtes Wissen (COVID-19, Schutzmaßnahmen, Verfügungen), Selbstwirksamkeit und wahrgenommene Sicherheit in Bezug auf effektive Schutzmaßnahmen, Wahrnehmung des Ausbruchs als Medienhype, Häufigkeit der Informationssuche über Corona und Infizierte im persönlichen Umfeld (bestätigt und unbestätigt vs. nicht).

Hinweis: Die Regression bezieht sich ausschließlich auf die aktuelle Welle.

  Öffentliche Orte meiden
Variablen Odds Ratios CI p
(Intercept) 0.00 0.00 – 0.01 <0.001
Beruf im
Gesundheitssektor
0.66 0.40 – 1.10 0.109
Mittelstadt vs.
Kleinstadt
0.93 0.61 – 1.41 0.728
Großstadt vs. Kleinstadt 0.67 0.47 – 0.96 0.031
Vertrauen in
Gesundheitssektor
1.17 1.03 – 1.32 0.014
Dominanz negativer
Emotionen
1.13 0.97 – 1.32 0.104
Wahrgenommene
Ausbreitungsgeschwindigkeit
1.10 1.00 – 1.22 0.062
Wissen über effektive
Schutzmaßnahmen
4.10 1.24 – 13.61 0.021
Wissen über offizielle
Verfügungen
15.89 6.76 – 37.34 <0.001
Häufigkeit der
Informationssuche
1.17 1.04 – 1.31 0.007
Selbstwirksamkeitserwartung 1.14 1.00 – 1.30 0.051
Anfälligkeit 1.15 1.02 – 1.29 0.023
Observations 1009
Cox & Snell’s R2 / Nagelkerke’s R2 0.142 / 0.211

Befolgen der Maßnahmen im Zeitverlauf

Das Tragen von Atemschutzmasken hat stark zugenommen (Maskenpflicht).

Menschen suchen wieder verstärkt öffentliche Orte auf.

4.4 Soziale Normen

Menschen sind soziale Wesen und richten ihr Verhalten auch danach aus, was andere tun. Soziale Normen, also die Wahrnehmung, wie viele Menschen ein bestimmtes Verhalten zeigen, kann daher die Bereitschaft beeinflussen, selbst das Verhalten zu zeigen.

Die Daten zeigen beispielsweise, dass nach wie vor über 70% denken, dass andere sich an die Maßnahmen halten. Ältere gehen von einer größeren Befolgung der Maßnahmen aus als Jüngere. Wer denkt, dass sich andere an Maßnahmen halten, meidet auch eher öffentliceh Orte; wer denkt, dass mehr andere eine Maske tragen, trägt auch selbst eher eine Maske.

Im Folgenden wird der Zusammenhang zwischen den sozialen Normen und selbst ergriffenem Schutzverhalten für die aktuelle Welle exploriert.

Interpretation der Korrelationskoeffizienten: In der folgenden Übersicht zeigen höhere Werte einen stärkeren Zusammenhang an, Werte nahe Null zeigen, dass es keinen Zusammenhang gibt, um 0.1 einen kleinen Zusammenhang. Werte um 0.3 zeigen einen mittleren Zusammenhang, ab 0.5 spricht man von einem starken Zusammenhang. Ein negatives Vorzeichen bedeutet, dass hohe Werte auf der einen Variable mit niedrigen Werte auf der anderen Variable auftreten. Fettdruck zeigt statistisch bedeutsame Zusammenhänge an.

Geschätzte Prozentzahl der Anderen, die sich an die von den Behörden erlassenen Ausgangsbeschränkungen halten …

  • und selbst Öffentliche Orte vermeiden: 0.2

Geschätzte Prozentzahl der Anderen, die eine Atemschutzmaske in öffentlichen Bereichen tragen …

  • und selbst eine Atemschutzmaske tragen: 0.25

5 Was die Risikowahrnehmung beeinflusst

Die Risikowahrnehmung ist ein wichtiger Einflussfaktor für Schutzverhalten. Risiko wird als Wahrscheinlichkeit zu erkranken, als Schweregrad der Erkrankung und eigene Anfälligkeit erfasst. Hier wird untersucht, welche Faktoren mit der Risikowahrnehmung zusammenhängen.

Erkrankungswahrscheinlichkeit

Eine höhere Erkrankungswahrscheinlichkeit nimmt wahr

  • wer jünger ist,

  • wer weiblich ist,

  • im Gesundheitssektor arbeitet,

  • wer Infizierte im Umfeld hat

  • wer das Ausbruchsgeschehen nicht als Medienhype wahrnimmt,

  • wer negativere Gefühl bezogen auf Corona hat,

  • wer weniger Wissen hat.

  • wer die Erkrankungswahrscheinlichkeit außer Haus als höher wahrnimmt

Schweregrad

Wie schätzen Sie eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus für sich selbst ein? Erfasst auf einer Skala von 1-7: völlig harmlos - extrem gefährlich.

Eine eher schwerwiegende Erkrankung erwartet

  • wer älter ist,

  • wer chronisch krank ist,

  • wer das Ausbruchsgeschehen nicht als Medienhype wahrnimmt,

  • wer negativere Gefühl bezogen auf Corona hat,

  • wer eine höhere Ansteckungswahrscheinlichkeit außer Haus wahrnimmt.

Anfälligkeit

Als wie anfällig schätzen Sie sich für eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus ein? Erfasst auf einer Skala von 1-7: überhaupt nicht anfällig - sehr anfällig

Eine eher höhere Anfälligkeit nimmt wahr,

  • wer das Ausbruchsgeschehen nicht als Medienhype wahrnimmt,

  • wer älter ist

  • wer weiblich ist

  • wer chronisch krank ist,

  • bei wem die Situation negativere Emotionen auslöst,

  • wer eine höhere Ansteckungswahrscheinlichkeit außer Haus wahrnimmt,

  • wer negativere Gefühl bezogen auf Corona hat,

  • wer einen Beruf im Gesundheitsektor ausübt,

  • wer Infizierte im eigenen Umfeld hat

Interpretation: Dargestellt sind die Ergebnisse einer linearen schrittweisen Regressionsanalyse (bestes statistisches Modell). CI sind die 95% Konfidenzintervalle der Koeffizienten (betas). Wenn diese Null einschließen, hat die entsprechende Variable keinen statistisch bedeutsamen Einfluss. Fettgedruckte Einflussfaktoren sind signifikant und haben einen statistisch bedeutsamen Einfluss. Das heißt für Werte mit positivem Vorzeichen: höhere Werte auf diesem Einflussfaktor führen zu mehr Risikowahrnehmung. Das heißt für Werte mit negativem Vorzeichen: höhere Werte auf diesem Einflussfaktor führen zu weniger Risikowahrnehmung.

Variablen im Modell: Alter, Geschlecht, Bildung, Arbeit im Gesundheitssektor, chronische Erkrankung, ein Kind haben unter 18, Gemeindegröße, Vertrauen in die Behörden, Vertrauen in den Gesundheitssektor, verschiedene affektive Aspekte (Angst, Sorge, Dominanz des Themas, Hilflosigkeit), verschiedene Aspekte bezogen auf die Wahrnehmung des Coronavirus (wahrgenommene Nähe, Ausbreitungsgeschwindigkeit, Neuheit), gefühltes und echtes Wissen (COVID-19, Schutzmaßnahmen), Selbstwirksamkeit und wahrgenommene Sicherheit in Bezug auf effektive Schutzmaßnahmen, Wahrnehmung des Ausbruchs als Medienhype, Häufigkeit der Informationssuche über Corona, Infizierte im persönlichen Umfeld (bestätigt und unbestätigt vs. nicht).

Insgesamt lässt sich zwischen 31% und 45% der Varianz in den Risiko-Dimensionen Wahrscheinlichkeit, Schweregrad und Anfälligkeit durch die untersuchten Faktoren aufklären (R2). Das heißt, dass es noch einige andere, bisher nicht erfasste Faktoren gibt, die das Verhalten beeinflussen.

Hinweis: Die Regressionen beziehen sich ausschließlich auf die aktuelle Welle.

  Wahrscheinlichkeit Schweregrad Anfälligkeit
Variablen Beta standardized CI p Beta standardized CI p Beta standardized CI p
(Intercept) <0.001 <0.001 <0.001
Alter -0.16 -0.23 – -0.10 <0.001 0.29 0.24 – 0.34 <0.001 0.06 -0.00 – 0.11 0.067
Geschlecht: weiblich -0.10 -0.15 – -0.04 0.001 -0.04 -0.08 – 0.01 0.132 -0.11 -0.17 – -0.06 <0.001
Schulbildung: 10+ Jahre
(ohne Abitur) vs. 9 Jahre
0.06 -0.03 – 0.15 0.195 0.07 -0.02 – 0.16 0.112
Schulbildung: Abitur vs.
9 Jahre
0.09 -0.00 – 0.19 0.051 0.02 -0.07 – 0.11 0.627
Beruf im Gesundheitsektor 0.07 0.02 – 0.13 0.010 0.07 0.02 – 0.12 0.011
Chronisch krank (vs.
nicht chronisch krank)
0.04 -0.01 – 0.10 0.136 0.25 0.20 – 0.30 <0.001 0.22 0.17 – 0.28 <0.001
Infizierte im
persönlichen Umfeld
0.15 0.10 – 0.21 <0.001 0.10 0.05 – 0.15 <0.001
Wahrgenommener Medienhype -0.10 -0.16 – -0.05 <0.001 -0.19 -0.24 – -0.14 <0.001 -0.22 -0.27 – -0.17 <0.001
Wahrgenommene Nähe 0.14 0.07 – 0.20 <0.001 0.10 0.04 – 0.16 0.002
Dominanz negativer
Emotionen
0.27 0.20 – 0.33 <0.001 0.30 0.25 – 0.35 <0.001 0.27 0.21 – 0.33 <0.001
Mittleres Wissen COVID-19 -0.11 -0.16 – -0.05 <0.001 -0.04 -0.09 – 0.01 0.098 -0.07 -0.12 – -0.02 0.009
Mittelstadt vs.
Kleinstadt
-0.05 -0.10 – 0.00 0.051
Großstadt vs. Kleinstadt -0.06 -0.11 – -0.00 0.037
Vertrauen in Behörden 0.06 0.01 – 0.11 0.021
Wahrgenommene
Ausbreitungsgeschwindigkeit
0.08 0.03 – 0.13 0.001
Wissen über effektive
Schutzmaßnahmen
-0.05 -0.11 – -0.00 0.042
Wahrgenommenes Wissen -0.04 -0.09 – 0.01 0.131
Observations 1009 1009 1009
R2 / adjusted R2 0.241 / 0.232 0.432 / 0.425 0.310 / 0.302

6 Informationsverhalten

6.1 Häufigkeit

6.2 Corona als Medien-Hype

7 Ausbruchs-Management

Vertrauen

Wie viel Vertrauen haben Sie in die untenstehenden Personen und Organisationen, dass sie in der Lage sind, gut und richtig mit dem neuartigen Coronavirus umzugehen?

Hinweis: Befragungsteilnehmende hatten die Möglichkeit “keine Angabe möglich” auszuwählen. Das heißt, dass die folgenden Mittelwerte sich ggf. nicht auf die gesamte Stichprobe der jeweiligen Messzeitpunkte beziehen.

Interpretation: Mittelwerte mit 95% Konfidenzintervallen. Wenn die Intervalle sich nicht überschneiden, kann man von einem signifikanten Unterschied ausgehen. Dunklere Balken sind aktuellere Daten.

8 Akzeptanz der Maßnahmen

Für viele Maßnahmen gilt: die Akzeptanz ist Mitte März sprunghaft gestiegen und geht langsam zurück.

Die Akzeptanz der meisten geltenden Maßnahmen ist jedoch immer noch auf einem hohen Niveau.

Ausnahme: Die Akzeptanz von Atemschutzmasken tragen steigt tendenziell.

Ausnahmen sind Einschränkung des Internetzugangs (immer niedrig) und Atemschutzmasken tragen (Akzeptanz steigt).

In der untenstehenden Abbildung ist der Zeitverlauf für die Wahrnehmung, dass die Maßnahmen übertrieben sind, dargestellt.

Zusammenhang zwischen Risikowahrnehmung und Akzeptanz der Maßnahmen

Risikowahrnehmung, Ängste und Sorgen pegeln sich auf einem neuen Niveau ein.

Die Maßnahmen sind immer noch gut akzeptiert, die Zustimmung sinkt jedoch.

Risikowahrnehmung, Akzeptanz der Maßnahmen und Mobilität

In Kooperation mit dem RKI und der HU Berlin wurden die COSMO Daten sowie die RKI-Daten zur Mobilität aus anonymen Mobilfunkdaten übereinander gelegt (vgl. auch Welle 6). Es zeigt sich eine auffällige Parallelität der Mobilität und der Aussage, dass man die Maßnahmen übertrieben findet.

Ähnliches gilt für gefühltes Risiko und Reaktanz (Wut, Ärger über die Maßnahmen), nicht aber für kognitives Risiko (in der Abbildung bedeuten höherer Werte eine geringere Risikowahrnehmung) An Zeitpunkten, an denen die Befragten ein geringeres Risiko fühlten und/oder die Maßnahmen stärker ablehnten, war auch die deutschlandweit gemessene Mobilität höher.

Quelle: Dirk Brockmann, Frank Schlosser, http://rocs.hu-berlin.de/covid-19-mobility/mobility-monitor/

Reaktanz im Bezug auf die verordneten Maßnahmen

Seit der Welle 6 wurden die Teilnehmenden befragt, inwiefern sie die verordneten Maßnahmen als ärgerlich, frustrierend und störend empfinden (psychologische Reaktanz). Außerdem gaben die Befragten an, ob sie sich durch die ergriffenen Maßnahmen in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt sehen. Die Reaktanz war insgesamt eher mittelmäßig ausgeprägt (aktuelle Woche: M = 3.67).

Erstmalig ist Reaktanz gestiegen: 29% (Vorwochen 20%) fühlen (eher oder sehr) Ärger, Frust und Wut aufgrund der Maßnahmen Personen unter 50 fühlen mehr Reaktanz als Ältere Wer mehr Reaktanz empfindet, weiß weniger, schützt sich weniger, folgt weniger den Maßnahmen, hat weniger Vertrauen in Regierung und das RKI.

Die gemittelte Reaktanz wurde in niedrig (1-3 auf einer 7-stufigen Skala), mittel (4), hoch (5-7) klassifiziert, um eine Interpretation zu erleichtern

Jüngere Befragungsteilnehmende gaben eher an, dass die Maßnahmen ihnen widerstreben.

Im Folgenden wird der Zusammenhang zwischen der Reaktanz, Wissen, Maßnahmen durchführen und Vertrauen für die aktuelle Erhebung exploriert.

Interpretation der Korrelationskoeffizienten: In der folgenden Übersicht zeigen höhere Werte einen stärkeren Zusammenhang an, Werte nahe Null zeigen, dass es keinen Zusammenhang gibt, um 0.1 einen kleinen Zusammenhang. Werte um 0.3 zeigen einen mittleren Zusammenhang, ab 0.5 spricht man von einem starken Zusammenhang. Ein negatives Vorzeichen bedeutet, dass hohe Werte auf der einen Variable mit niedrigen Werte auf der anderen Variable auftreten. Fettdruck zeigt statistisch bedeutsame Zusammenhänge an.

Reaktanz und …

  • das selbst eingeschätzte Wissen über COVID-19: 0

  • das tatsächliche Wissen über COVID-19: -0.12

  • das Wissen über wirksame Schutzmaßnahmen: -0.19

  • das Wissen über öffentliche Verordnungen: -0.15

  • die ausgeführten Maßnahmen: -0.19

  • die ergriffenen Maßnahmen übertrieben finden: 0.67

  • Vertrauen in die Bundesregierung: -0.33

  • Vertrauen in das RKI : -0.38

9 Tragen einer Maske in der Öffentlichkeit

Laut aktuellem Beschluss der Bundesregierung ist das Tragen von Gesichtsmasken in der Öffentlichkeit dringend empfohlen, in einigen Städten und Bundesländern verpflichtend.

  • 82.2 % halten es für eine wirksame Schutzmaßnahme, in der Öffentlichkeit Masken zu tragen (Vorwoche: 78.6 %).

  • 60.4 % geben an, in der Öffentlichkeit Masken zu tragen (Vorwoche: 31 %).

  • Einer verpflichtenden Regelung stimmen 55.8% zu (Vorwoche: 54 %).

  • 85.2 % geben an zu wissen, wo sie eine Mund-Nasen-Bedeckung (Stoffmaske) besorgen können (Vorwoche: 72.1 %).

Wer trägt eher Maske?

Masken tragen eher Personen, die wissen, wo sie sich eine Nase-Mund-Bedeckung besorgen können, die älter sind oder im Gesundheitssektor arbeiten, es für wahrscheinlicher halten, sich außer Haus anzustecken und COVID-19 für schwerwiegend halten. Weniger Maske trägt, wer die COVID-19 als Medienhype wahrnimmt oder sich seltener informiert.

Interpretation: Dargestellt sind die Ergebnisse einer binär-logistischen schrittweisen Regressionsanalyse (bestes statistisches Modell). Odds ratio treffen eine Aussage darüber, inwieweit das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines Merkmals A (z.B. einen Beruf im Gesundheitsektor ausüben) mit dem Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines weiteren Merkmals B (z.B. Masken tragen) zusammenhängt. CI sind die 95% Konfidenzintervalle der Koeffizienten. Fettgedruckte Einflussfaktoren sind signifikant und haben einen statistisch bedeutsamen Einfluss. Werte über 1: höhere Werte auf diesem Einflussfaktor führen zu mehr Maske tragen. Werte unter 1: kleinere Werte auf diesem Einflussfaktor führen zu weniger Maske tragen.

Variablen im Modell: Alter, Geschlecht, Bildung, Arbeit im Gesundheitssektor, chronische Erkrankung, ein Kind haben unter 18, Gemeindegröße, Vertrauen in die Behörden, Vertrauen in den Gesundheitssektor, Risikowahrnehmung (Erkrankungswahrscheinlichkeit, Anfälligkeit, Schweregrad), Ansteckungswahrscheinlichkeit außer Haus, verschiedene affektive Aspekte (Angst, Sorge, Dominanz des Themas, Hilflosigkeit), verschiedene Aspekte bezogen auf die Wahrnehmung des Virus (wahrgenommene Nähe und Ausbreitungsgeschwindigkeit), gefühltes und echtes Wissen (COVID-19, Schutzmaßnahmen, Verfügungen), Selbstwirksamkeit und wahrgenommene Sicherheit in Bezug auf effektive Schutzmaßnahmen, Wahrnehmung des Ausbruchs als Medienhype, Häufigkeit der Informationssuche über Corona und Infizierte im persönlichen Umfeld (bestätigt und unbestätigt vs. nicht), Wissen, wo man sich eine Nasen-Mund-Bedeckung besorgen kann.

Hinweis: Die Regression bezieht sich ausschließlich auf die aktuelle Welle.

  Maske tragen
Variablen Odds Ratios CI p
(Intercept) 0.01 0.00 – 0.03 <0.001
Alter 1.01 1.00 – 1.03 0.006
Beruf im
Gesundheitssektor
2.49 1.51 – 4.11 <0.001
Mittelstadt vs.
Kleinstadt
1.52 1.05 – 2.19 0.027
Großstadt vs. Kleinstadt 0.94 0.68 – 1.28 0.681
Wahrgenommenes Wissen 0.86 0.75 – 0.98 0.020
Vertrauen in Behörden 1.13 0.99 – 1.30 0.079
Vertrauen in
Gesundheitssektor
1.20 1.03 – 1.40 0.022
Wahrgenommener Medienhype 0.91 0.81 – 1.02 0.104
Dominanz negativer
Emotionen
1.15 1.00 – 1.32 0.045
Wissen über offizielle
Verfügungen
5.25 2.41 – 11.47 <0.001
Häufigkeit der
Informationssuche
1.11 0.99 – 1.24 0.077
Selbstwirksamkeitserwartung 1.16 1.03 – 1.31 0.016
Schweregrad 1.17 1.04 – 1.31 0.007
Erkrankungswahrscheinlichkeit
wenn außer Haus
1.08 0.98 – 1.20 0.132
Observations 1009
Cox & Snell’s R2 / Nagelkerke’s R2 0.167 / 0.225

Welche Maske wird getragen und aus welchen Gründen?

Personen, die eine Maske tragen, wollen im Mittel damit eher andere Personen (M = 5.95) als sich selbst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen (M = 4.02).

Masken unterschieden sich darin, wer durch das Tragen geschützt wird:

  • Mund-Nasenbedeckung (Stoffmaske): schützt nur andere

  • Mund-Nasenschutz (OP-Maske): schützt eher andere

  • FFP2 Maske mit Ventil: schützt den Träger, aber nicht andere

  • FFP2 Maske ohne Ventil: schützt den Träger und andere

Das folgende Diagramm zeigt, dass die eingeschränkte Schutzleistung von Stoffmasken relativ gut bekannt ist. Jedoch erscheint eine Warnung vor Masken mit Ventil geboten – diese schützen nur den Träger, nicht aber andere. Dies ist nicht ausreichend bekannt.

Maske besorgen

In dieser Woche wurden die Befragungsteilnehmenden gefragt, ob sie wissen, wo sie sich eine Mund-Nasen-Bedeckung (Stoffmaske) besorgen können. Tendenziell wissen Frauen und ältere Personen eher, wo sie sich eine Stoffmaske besorgen können.

Ältere Personen wissen eher, wo sie sich eine Mund-Nasen-Bedeckung besorgen können. Unterstützungsbedarf haben daher: jüngere Personen.

Interpretation: Dargestellt sind die Ergebnisse einer binär-logistischen schrittweisen Regressionsanalyse (bestes statistisches Modell). Odds ratio treffen eine Aussage darüber, inwieweit das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines Merkmals A (z.B. einen Beruf im Gesundheitsektor ausüben) mit dem Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines weiteren Merkmals B (z.B. Masken tragen) zusammenhängt. CI sind die 95% Konfidenzintervalle der Koeffizienten. Fettgedruckte Einflussfaktoren sind signifikant und haben einen statistisch bedeutsamen Einfluss. Werte über 1: höhere Werte auf diesem Einflussfaktor weisen darauf hin, dass Personen eher wissen, wo sie eine Maske bekommen. Werte unter 1: kleinere Werte auf diesem Einflussfaktor weisen darauf hin, dass Personen mit diesem Merkmal eher nicht wissen, wo sie eine Maske besorgen können.

Variablen im Modell: Alter, Geschlecht, Bildung, Arbeit im Gesundheitssektor, chronische Erkrankung, ein Kind haben unter 18, Gemeindegröße.

Hinweis: Die Regression bezieht sich ausschließlich auf die aktuelle Welle.

  Maske besorgen
Variablen Odds Ratios CI p
(Intercept) 3.67 2.05 – 6.56 <0.001
Alter 1.01 1.00 – 1.02 0.046
Geschlecht: weiblich 1.41 0.99 – 1.99 0.055
Keine Kinder unter 18
Jahren (vs. Kinder unter
18 Jahren)
0.73 0.48 – 1.10 0.135
Observations 1020
Cox & Snell’s R2 / Nagelkerke’s R2 0.009 / 0.015

Zeigen Maskenträger insgesamt mehr Schutzverhalten?

Maskenträger zeigen im Vergleich zu Menschen, die keine Masken tragen, mehr Schutzverhalten. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Ergebnisse von logistischen Regressionen für die aktuelle Erhebung.

Interpretation: Dargestellt sind die Ergebnisse binär-logistischen Regressionsanalysen. Odds ratio treffen eine Aussage darüber, inwieweit das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines Merkmals A (z.B. Masketragen) mit dem Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein eines weiteren Merkmals B (z.B. Abstand halten) zusammenhängt. Einflussfaktoren sind signifikant, wenn der p-Wert kleiner als .05 ist. Werte über 1: höhere Werte auf diesem Einflussfaktor führen zu mehr Schutzverhalten. Werte unter 1: kleinere Werte auf diesem Einflussfaktor führen zu weniger Schutzverhalten.

Maske tragen
Odds Ratio p
Individuelle Schutzmaßnahmen
Desinfektionsmittel benutzen 4.07 <.001
Hände für 20 Sek. waschen 2.91 <.001
Händeschütteln vermeiden 3.83 <.001
Mund und Nase bedecken 2.86 <.001
Kontakt vermeiden 2.02 <.001
Zuhause bleiben 2.47 <.001
Soziale Schutzmaßnahmen
1,5m Abstand halten 3.57 <.001
Quarantäne ohne Symptome 2.92 <.001
Quarantäne mit Symptomen 2.96 <.001
Öffentliche Orte vermeiden 2.33 <.001
Private Feiern vermeiden 1.90 <.001
Höchstens mit einer anderen Person oder Haushaltsangehörigen in Öffentlichkeit bewegen 1.90 <.001
Nur notwendige Wege durchführen 3.11 <.001
Keine Freunde und Verwandte treffen (aus anderen Haushalt) 2.66 <.001
Auf private Reisen verzichten 2.79 <.001

10 Ausstiegsstrategien

Methode: In der 9. Welle wurde erstmals ein Discrete Choice Experiment (DCE) eingesetzt. In dem DCE wurden mehrere Kombinationen von verschiedenen Maßnahmen und möglichen Folgen vorgelegt (siehe Spalten in der Abbildung unten). Die Befragten haben sich mehrfach zwischen zwei Kombinationen entschieden. Dies führt zu einer Güterabwägung bei den Befragten und so können Rückschlüsse auf den einzelnen Stellenwert (Teilnutzen) der jeweiligen Beiträge im Gesamtszenario gezogen werden. Für die unterschiedlichen Ausstiegsszenarien/Übergangsstrategien kann auf diese Weise quantitativ ermittelt werden, in welcher Höhe negative Folgen (Überlastung der Intensivkapazitäten, Arbeitslosigkeit) für welche Lockerungsmaßnahmen akzeptiert würden.

Den Befragten wurden jeweils zwei Szenarien mit sechs Bereichen zur Entscheidung gegenübergestellt:die Öffnung von Schulen und Gaststätten (jeweils sofort, in 4 oder 8 Wochen), die häusliche Isolation von Älteren zu ihrem eigenen Schutz (nein vs. ja), die Einführung einer sog. Tracing-App (freiwillig vs. verpflichtend), die Arbeitslosenquote (5%, 10%, 20%) und die Kapazitäten der intensivmedizinischen Versorgung (ausreichend vs. überlastet).

Abbildung: Beispiel für das Stimulusmaterial. Abgebildet sind die auf der Basis der Ergebnisse zusammengestellten Kombinationen, die sich aus den relativen Wichtigkeiten ergeben haben (beste Situation, schlechteste Situation). Quelle: MH

Interpretation: Die folgende Abbildung zeigt die realtiven Wichtigkeiten (Koeffizienten mit 95% Konfidenzintervall. Wenn dieses die Null-Linie schneidet, ist die Eigenschaft nicht relevant.) Je größer der Wert, desto wichtiger ist diese Eigenschaft. Wenn die Balken nach rechts weisen (positiver Einfluss), führt das Vorhandensein dieses Merkmals zu einer höheren Akzeptanz eines Szenarios, das diese Eigenschaft besitzt. Wenn die Balken nach links weisen (negativer Einfluss), führt das Vorhandensein dieses Merkmals zu einer geringeren Akzeptanz eines Szenarios, das diese Eigenschaft besitzt.

## Coordinate system already present. Adding new coordinate system, which will replace the existing one.
## Coordinate system already present. Adding new coordinate system, which will replace the existing one.

Als wichtigste Eigenschaften präferierten die Befragten die Freiwilligkeit einer Tracing-App (bzw. die Vermeidung einer verpflichtenden App) und eine ausreichende intensivmedizinische Versorgung ohne Überlastungen (s. Abbildung). Diese beiden Eigenschaften waren den Befragten wichtiger als die Vermeidung einer Arbeitslosenquote von 20% für die nächsten zwei Jahre. Hohe Arbeitslosigkeit zu vermeiden ist Jüngeren jedoch in höherem Maße wichtig als Älteren. Männer messen der Vermeidung einer höheren Arbeitslosenquote eine deutlich höhere Bedeutung bei als Frauen. Die ausreichende intensivmedizinische Versorgung hat höchste Priorität für Menschen unter 50 Jahren, während siebei Menschen ab 50 Jahren erst hinter der Freiwilligkeit einer Tracing-App und der Vermeidung der häuslichen Isolation Älterer steht.Die Vermeidung der häuslichen Isolation Älterer und die Frage der Öffnung von Schulen blieben im Vergleich von nachgeordneter Bedeutung. Frauen lehnen stärker als Männer die häusliche Isolierung Älterer ab. Die Gastronomie kann aus Sicht der Befragten noch länger geschlossen bleiben.

Für Menschen mit schulpflichtigen Kind(ern) sind keine eindeutigen Präferenzen hinsichtlich der Öffnung von Schulen ableitbar, während die übrigen Befragten zu einer späteren Öffnung tendieren. Menschen mit Kind(ern) im Schulalter zeigen aber eine deutliche Präferenz, Gaststätten erst später zu öffnen. Dies sehen Menschen ohne Kinder ähnlich, allerdings ist für sie die Frage der (sofortigen oder späteren) Gaststättenöffnung weniger erheblich.

Schlussfolgerungen: Die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung hat höchste Priorität bei den Befragten. Dies bestätigt bislang erfolgte Maßnahmen. In gleicher Größenordnung lehnen die Befragten eine verpflichtende Tracing-App ab. Dieser Befund überrascht in seiner Deutlichkeit und sendet ein deutliches Signal an die Politik. Die abweichenden Präferenzen der älteren Bevölkerung bestätigen durch ihre Plausibilität indirekt die Verständlichkeit der Befragungsmethode und damit die Interpretierbarkeit der Ergebnisse. Hinsichtlich der Schulöffnungen sprechen die Ergebnisse für bestehende Unsicherheit in der Bevölkerung. Dies spiegelt den Diskurs in Wissenschaft und Politik. Weitergehende Erhebungen zur Akzeptanz potenziell konflikthafter Strategien in der Bevölkerung, speziell im Setting Schule und Kita, sind sinnvoll.

Zustimmung zur schrittweisen Öffnung verschiedener Bereiche

In der politischen und öffentlichen Debatte wird die Öffnung verschiedener Branchen (z.B. Bildungseinrichtungen, Einzelhandel oder Kultureinrichtungen) unter Einhaltung der Hygieneregeln zu unterschiedlichen zeitlichen Phasen diskutiert und beschlossen.

Es wurde abgefragt, wann aus der persönlichen Sicht der/s Befragten die verschiedenen Branchen wieder zugänglich gemacht werden sollen.

In der direkten Bewertung, welche Branchen im ersten oder in späteren Schritten öffnen sollten, zeigte sich: Für einen ersten Schritt finden die Befragten die Öffnung des Einzelhandels wichtig. Bildungs- und Sporteinrichtungen werden von den Befragten erst im zweiten Schritt gesehen. Viel diskutierte Branchen wie Gotteshäuser und Fußballspiele werden nur von Minderheiten für den ersten Schritt als wichtig angesehen. Kultureinrichtung halten die meisten Personen erst in Schritt 3 für wichtig.

*Instruktion hierzu war: Falls die Branche Ihrer Meinung nach sofort geöffnet werden sollte, klicken Sie „In Schritt 1 (sofort)“ an. Je länger Sie auf die Öffnung einer Branche verzichten könnten, desto später könnte diese geöffnet werden – klicken Sie also entsprechend spätere Schritte an. Klicken Sie auf „ist mir egal“, wenn Sie dazu keine Meinung haben. Unklar ist, wann die jeweiligen Schritte stattfinden.*

11 Öffnung von Kitas

Bedeutung der Öffnung von Kindertagesstätten in Abhängigkeit vom Alter der Kinder

Das Alter der Kinder hat keinen Einfluss auf die Forderung nach einer Öffnung der Kinderbetreuung. Hinweis: Eine Überschneidung der beiden dargestellten Gruppen ist möglich (falls Eltern Kinder in beiden Altersgruppen haben).

Belastung durch fehlende Kinderbetreuung

Zwischen der situativen Belastung und der Zustimmung zur vorsorglichen Schließung von Schulen und Kindertagesstätten konnte bei Eltern ein geringer negativer, aber nicht signifikanter Zusammenhang gefunden werden (Korrelation r = -.13), der vergleichbar mit den Vorwellen war (Welle 5: r = -.15, Welle 7: r =-.14).

12 Tracing-App

In den letzen Tagen wird in den Nachrichten über eine Smartphone-App berichtet, die über Bluetooth funktioniert und App-Nutzer/innen warnt, wenn diese sich vielleicht mit dem Coronavirus angesteckt haben.

Die Befragungsteilnehmenden gaben an, ob sie schon einmal von dieser Smartphone-App gehört haben und ob sie bereit wären, sich diese App runterzuladen.

Etwa 84.5 % der Befragungsteilnehmenden geben an (Vorwoche: 81.1 %), schon etwas von der App gehört zu haben.

48 % (Vorwoche: 49 %) sind eher bereit oder bereit, sich eine datenschutzkonforme App zu installieren; 22.7 % (Vorwoche: 22.4 %) würden sich eine solche App auf keinen Fall runterladen.

Wer würde sich eine Tracing-App runterladen?

Wer Infizierte in seinem persönlichen Umfeld hat, höher gebildet ist, den Behörden mehr vertraut, sich besser Vorbereitet fühlt und mehr negative Emotionen verspürt ist eher bereit, sich eine App runterzuladen. Wer das Ausbruchsgeschehen eher als Medienhype wahrnimmt oder sich weniger häufig informiert, chronisch krank ist, würde sich eine Tracing-App eher nicht runterladen.

Interpretation: Dargestellt sind die Ergebnisse einer linearen schrittweisen Regressionsanalyse (bestes statistisches Modell). CI sind die 95% Konfidenzintervalle der Koeffizienten (betas). Wenn diese Null einschließen, hat die entsprechende Variable keinen statistisch bedeutsamen Einfluss. Fettgedruckte Einflussfaktoren sind signifikant und haben einen statistisch bedeutsamen Einfluss. Das heißt für Werte mit positivem Vorzeichen: höhere Werte auf diesem Einflussfaktor bedeuten eine höhere Bereitschaft, die App runterzuladen. Das heißt für Werte mit negativem Vorzeichen: höhere Werte auf diesem Einflussfaktor bedeuten eine niedrigere Bereitschaft, die App runterzuladen.

Variablen im Modell: Alter, Geschlecht, Bildung, Arbeit im Gesundheitssektor, chronische Erkrankung, ein Kind haben unter 18, Gemeindegröße, Vertrauen in die Behörden, Vertrauen in den Gesundheitssektor, Risikowahrnehmung (Anfälligkeit, Schweregrad), Ansteckungswahrscheinlichkeit außer Haus, verschiedene affektive Aspekte (Angst, Sorge, Dominanz des Themas, Hilflosigkeit), verschiedene Aspekte bezogen auf die Wahrnehmung des Coronavirus (wahrgenommene Nähe, Ausbreitungsgeschwindigkeit, Neuheit), gefühltes und echtes Wissen (COVID-19, Schutzmaßnahmen), Selbstwirksamkeit und wahrgenommene Sicherheit in Bezug auf effektive Schutzmaßnahmen, Wahrnehmung des Ausbruchs als Medienhype, Häufigkeit der Informationssuche über Corona, Infizierte im persönlichen Umfeld (bestätigt und unbestätigt vs. nicht).

Hinweis: Die Regressionen beziehen sich ausschließlich auf die aktuelle Welle.

  Eine Tracing-App runterladen
Variablen Beta standardized CI p
(Intercept) 0.729
Schulbildung: 10+ Jahre
(ohne Abitur) vs. 9 Jahre
0.04 -0.06 – 0.13 0.456
Schulbildung: Abitur vs.
9 Jahre
0.11 0.02 – 0.21 0.021
Chronisch krank (vs.
nicht chronisch krank)
-0.09 -0.15 – -0.02 0.006
Mittelstadt vs.
Kleinstadt
0.07 0.00 – 0.13 0.036
Großstadt vs. Kleinstadt 0.06 -0.00 – 0.12 0.058
Vertrauen in Behörden 0.23 0.17 – 0.29 <0.001
Wahrgenommener Medienhype -0.13 -0.19 – -0.07 <0.001
Wahrgenommene Nähe -0.07 -0.14 – -0.01 0.029
Dominanz negativer
Emotionen
0.13 0.06 – 0.21 0.001
Häufigkeit der
Informationssuche
0.14 0.08 – 0.21 <0.001
Wahrgenommenes
Vorbereitetsein
0.10 0.04 – 0.16 0.001
Schweregrad 0.07 -0.01 – 0.15 0.068
Anfälligkeit 0.07 -0.00 – 0.14 0.065
Observations 961
R2 / adjusted R2 0.255 / 0.245

13 Ressourcen und Belastungen

13.1 Allgemeine Lebenszufriedenheit

Die allgemeine Lebenszufriedenheit ist stabil und bei älteren Personen (ab 65) etwas höher.

Zusammenhang von Lebenszufriedenheit mit ausgewählten Variablen

Eine höhere allgemeine Lebenszufriedenheit geht mit höherer Selbstwirksamkeit und niedrigerer wahrgenommener Nähe des Virus einher. Personen, die der Situation eher hilflos gegenüberstehen, haben eine niedrigere allgemeinen Lebenszufriedenheit (und umgekehrt).

Interpretation der Korrelationskoeffizienten (r): In der folgenden Übersicht zeigen höhere Werte einen stärkeren Zusammenhang an, Werte nahe Null zeigen, dass es keinen Zusammenhang gibt, um 0.1 einen kleinen Zusammenhang. Werte um 0.3 zeigen einen mittleren Zusammenhang, ab 0.5 spricht man von einem starken Zusammenhang. Ein negatives Vorzeichen bedeutet, dass hohe Werte auf der einen Variable mit niedrigen Werte auf der anderen Variable auftreten. p-Werte < 0.05 zeigen statistisch bedeutsame Zusammenhänge an. Bitte beachten Sie, dass eine Korrelation keine Aussage über die Wirkrichtung treffen kann (wer eine höhere Selbstwirksamkeitserwartung hat, ist zufriedener mit seinem Leben und umgekehrt).

Lebenszufriedenheit
r p
Alter
Alter .03 .320
Risikowahrnehmung
Wahrscheinlichkeit an COVID-19 zu erkranken .02 .577
Ernsthaftigkeit der Erkrankung -.04 .259
Anfälligkeit -.08 .014
Wahrgenommene Nähe des Virus -.09 .006
Psychologische Schutzfaktoren
Selbstwirksamkeitserwartung .16 <.001
Maßnahmen
Ergriffenes Schutzverhalten .05 .145
Wissen über korrektes Schutzverhalten .04 .257
Umgang mit der Situation
Ich selbst kann nichts tun, um die Situation positiv zu beeinflussen. -.10 .001
Wahrgenommene Hilflosigkeit -.14 <.001

13.2 Situative Belastung

49.8 Prozent Befragungsteilnehmende empfinden ihre persönliche Situation momentan als belastend (Welle 5 vom 31.03.: 51.9 %, Welle 7 vom 14.04.: 40.1). Vor allem in den jüngeren Altersgruppen ist das Belastungsempfinden im Vergleich zur ersten Messung zurückgegangen. In der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährige geben nach wie vor weniger Personen (ca. 33 %) an, ihre persönliche Situation als belastend zu empfinden.

Die Minderheit der Personen (10.1 %; Welle 5 vom 31.03.: 9 %), die die aktuelle Situation als belastend empfinden, haben darüber nachgedacht, telefonische Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen. Das untenstehende Diagramm stellt dar, welche Beratungsangebote sie gegebenfalls nutzen wollen.

13.3 Umgang mit der Situation

Wie die Befragten ihre Bewältigungsstrategien hinsichtlich der wegen Corona eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten einschätzen, bleibt in den vier Wochen zwischen Welle 4 und Welle 8 überwiegend stabil. Über diesen Zeitraum ist für die Befragten im Durchschnitt unverändert eher zutreffend, sich mit Familien, Freunden oder Bekannten per Telefon oder digitale Medien auszutauschen, einen Alltagsplan für Schlaf, Arbeit oder körperliche Aktivitäten zu haben sowie positive Aktivitäten für zuhause entdeckt zu haben. Eltern schulpflichtiger Kinder sind in der Frage, ob der Unterricht ihrer Kinder in einem guten Maße weiter umgesetzt wird, unverändert eher unentschieden.

Unverändert eher weniger zutreffend ist für die Befragten auch, anderen Hilfe anzubieten, z. B. mit Nachbarschaftshilfe beim Einkaufen, oder sich zu langweilen. Rückläufig hingegen ist insbesondere unter Befragten ab einem Alter von 65 Jahren die Einschätzung, durch Familie, Freunde oder Nachbarn Unterstützungsangebote zu erhalten. Während diese älteren Befragten in Welle 4 im Durchschnitt noch angaben, das treffe für sie eher zu, sagen sie nun, das treffe für sie eher nicht zu.

Hinweis: Die Aussagen „Ich habe für mich Aktivitäten entdeckt, die mir das Zuhause bleiben erleichtern“ und „Der Unterricht meiner schulpflichtigen Kinder wird in einem guten Maße weiter umgesetzt“ wurde nur in am 24.03. und am 21.04. erhoben (gültige Angaben der Aussage zum Unterricht am 24.03. n = 146 und am 14.04. n = 172).

14 Familienzusammenhalt

Der Fragenkomplex zum Familien- und Beziehungsklima misst drei Dimensionen: Die emotionalen Aspekte der Zugehörigkeit und des Zusammenhalts, die Fähigkeit einer Familie bzw. einer Partnerschaft gemeinsam Probleme zu lösen und die Möglichkeit aller Familienmitglieder auch negative Emotionen offen zu kommunizieren.

In diesem Abschnitt sind die Ergebnisse zum Zusammenleben mit der Familie und in der Partnerschaft dargestellt. Es wird auch der Umgang mit Kindern und Konflikten in der Partnerschaft sowie die subjektive Belastung mit der Situation thematisiert.

Zusammenleben in der Familie/Partnerschaft

Im untenstehenden Diagramm sind die Ergebnisse zum Zusammenleben in der Familie und/oder der Partnerschaft dargestellt (nur Befragungsteilnehmende, die nicht in einem Single-Haushalt leben).

Hinsichtlich des Familienklimas haben sich positive Gefühle, Problemlösungsfähigkeiten sowie die Qualität der Kommunikation auf einem hohen Niveau erhalten. Auch das Ausmaß von Meinungsverschiedenheiten in den Familien hat sich seit Welle 5 nicht verändert.

Zusammenleben mit Kindern

Befragungsteilnehmende, die eine Kinder unter 18 Jahren haben und nicht in einem Single-Haushalt leben, haben Aussagen über das Zusammenleben mit ihren Kindern beurteilt.

Konflikte in der Partnerschaft

Befragungsteilnehmende, die in einer festen Partnerschaft leben, haben Auskunft über Konflikte in der Partnerschaft gegeben. Das Konfliktpotential für kleine und große Meinungsverschiedenheiten ist eher gering ausgeprägt.

15 Impfungen

Impfungen sind ein wichtiges Instrument zum Schutz vor Infektionen. Hier betrachten wir, ob geplante Impfungen weiter durchgeführt werden, wie sich die Gründe für Impfmüdigkeit im Vergleich zu einer Datenerfassung 2016 verändert haben und welche Aspekte vorhersagen, ob eine hypothetische Impfung gegen das Coronavirus akzeptiert würde.

Durchfühung von Impfungen in der Corona-Situation

Von den geplanten Impfungen der 132 erwachsenen Befragten wurden 30% durch die Corona-Situation abgesagt.

34% der 75 geplanten Kinderimpfungen wurden durch die Corona-Situation abgesagt. Nur ca. die Hälfte wurde wie geplant durchgeführt.

Hier besteht dringender Handlungsbedarf, damit keine Impflücken entstehen.

16 Die 2. Welle

In der 9. Befragungswelle wurden die Teilnehmer nach einer zweiten, möglichen Infektionswelle befragt.

91% der Befragten gaben an, von der Diskussion um eine zweite Infektionswelle gehört zu haben.

Die Mehrheit aller Befragten erwartet die 2. Welle in ca. 2 Monaten.

22% der Befragten gaben an, dass sie in Gebiete mit weniger Einschränkungen fahren würden (z.B. zum Einkaufen oder für Freizeitaktivitäten). Diese Verletzung der Einschränkungen stellt ein Infektionsrisiko dar.

16.1 Welcher Rolle spielt die Nähe des Ausbruchs auf die Akzeptanz und Dauer sich einzuschränken?

In der gesundheitspsychologischen Forschung spielt Risiko und Risikowahrnhemung eine große Rolle. Die kognitive Komponente von Risiko (Wahrscheinlichkeit, Schweregrad und Anfälligkeit) sagt voher, ob Personen Gesundheitsverhalten zeigen oder nicht. Je größer das wahrgenommene Risiko, beispielsweise an einem Virus zu erkranken, desto größer ist die Bereitschaft Präventionsmaßnahmen einzuleiten.

Die Nähe eines Ausbruchs beeinflusst das tatsächliche als auch das wahrgenommene Risiko sich zu infizieren. In Welle 9 sollten sich die Befragungsteilnehmenden vorstellen, entweder

  • dass die zweite Welle der Pandemie beginnt und die Infektionszahlen in Deutschland wieder steigen und Politiker über erneute bundesweite Einschränkungen diskutieren

oder

  • dass die zweite Welle der Pandemie beginnt und die Infektionszahlen in der jeweiligen Gemeinde wieder steigen und Lokalpolitiker über erneute, gemeindespezifische Einschränkungen diskutieren

Es wurde abgefragt, wie lange sich die Befragungsteilnehmenden unter diesen Voraussetzungen an die aktuellen (in den kommenden 2 Wochen) bzw. die zukünftigen Einschränkungen halten würden.

Das untenstehende Balkendiagramm zeigt auf den ersten Blick, dass je näher die zweite Welle ist, desto länger akzeptieren die Befragungsteilnehmenden die aktuellen einschränkenden Maßnahmen. Eine Korrelation zwischen Aktzeptierte Dauer der persönlichen Einschränkung in Monaten und Nähe der zweiten Welle zeigt jedoch, dass dieser Unterschied nicht statistisch bedeutsam ist (r = 0.05 ).

Eine Analyse der Korrelationen zwischen den Überzeugungen hinsichtlich der zweiten Welle (Wahrscheinlichkeit und Zeitpunkt) auf die Intention sich zukünftig und aktuell einzuschränken, getrennt nach Nähe der zweiten Welle, zeigt:

  • Je höher die Wahrscheinlichkeit einer zweiten Welle eingeschätzt wird, desto größer ist auch die bereitschaft sich sowohl heute als auch zukünftig einzuschränken. Die Höhe der Korrelationskoeffizienten deuten darauf hin, dass dieser Zusammenhang unabhängig davon ist, ob die zweite Welle lokal oder bundesweit erwartet wird.

  • Je weiter weg die zweite Welle wahrgenommen wird, desto geringer ist die Bereitschaft sich heute einzuschränken. Das ist besonders der Fall, wenn die zweite Welle lokal erwartet wird. Ein Zusammenhang zwischen dem wahrgenommenen Zeitpunkt der zweiten Welle und zukünftigem, einschränkenden Verhalten besteht nicht.

Wurde die zweite Welle eher als steigende Infektionszahlen in der Gemeinde (im Vergleich zu deutschlandweit) beschrieben, waren die Zusammenhänge etwas stärker.

Je weiter weg die zweite Welle wahrgenommen wird (zeitliche Distanz),

  • desto länger würden sich Personen bei einer 2. Welle einschränken (bei Auftreten von Fällen deutschlandweit: r = -.24; bei Auftreten von Fällen in der Gemeinde: r = -.30)

  • desto geringer ist die Bereitschaft sich aktuell an die Maßnahmen zu halten (wenn zuvor über neue Infektionszahlen deutschlandweit berichtet wurde: r = -.19; bei Auftreten von Fällen in der Gemeinde: -.20).

Ein Zusammenhang zwischen dem erwarteten Zeitpunkt der zweiten Welle und Verhaltensabsichten besteht nicht; es scheint also v.a. die psychologische Nähe wichtig zu sein.

Interpretation:

Das es sich hier um Korrelationen handelt, kann hier nicht auf einen kausalen Zusammenhang geschlossen werden.

In der Kommunikation könnte auf eine 2. Welle und mögliche wiederholte Einschränkungen bei steigenden Infektionszahlen hingewiesen werden. Dies könnte dazu führen, dass die 2. Welle sich näher anfühlt und sich Personen eher an die geltenden Regeln halten.

Interpretation der Korrelationskoeffizienten r: höhere Werte zeigen einen stärkeren Zusammenhang an, Werte nahe Null zeigen, dass es keinen Zusammenhang gibt, um 0.1 einen kleinen Zusammenhang. Werte um 0.3 zeigen einen mittleren Zusammenhang, ab 0.5 spricht man von einem starken Zusammenhang. Ein negatives Vorzeichen bedeutet, dass hohe Werte auf der einen Variable mit niedrigen Werte auf der anderen Variable auftreten. p-Werte < 0.05 zeigen statistisch bedeutsame Zusammenhänge an. Korrelationskoeffizienten, die statistisch bedeutsam sind, werden fett gedruckt

Bereitschaft sich zukünftig
an Maßnahmen zu halten
Bereitschaft sich jetzt
an Maßnahmen zu halten
r p r p
Bundesweite Einschränkung
Wahrscheinlichkeit der zweiten Welle .30 <.001 .27 <.001
Zeitpunkt der zweiten Welle .05 .281 -.03 .474
Gefühlte Entfernung der zweiten Welle -.24 <.001 -.19 <.001
Lokale Einschränkung
Wahrscheinlichkeit der zweiten Welle .35 <.001 .36 <.001
Zeitpunkt der zweiten Welle -.01 .870 -.17 <.001
Gefühlte Entfernung der zweiten Welle -.30 <.001 -.20 <.001

Interpretation der Korrelationskoeffizienten r: höhere Werte zeigen einen stärkeren Zusammenhang an, Werte nahe Null zeigen, dass es keinen Zusammenhang gibt, um 0.1 einen kleinen Zusammenhang. Werte um 0.3 zeigen einen mittleren Zusammenhang, ab 0.5 spricht man von einem starken Zusammenhang. Ein negatives Vorzeichen bedeutet, dass hohe Werte auf der einen Variable mit niedrigen Werte auf der anderen Variable auftreten. p-Werte < 0.05 zeigen statistisch bedeutsame Zusammenhänge an. Korrelationskoeffizienten, die statistisch bedeutsam sind, werden fett gedruckt

17 Daten im Detail

17.1 Detail: Wissen COVID-19

17.2 Fehlendes Wissen Immunität

72 % der Befragten denken, dass eine überstandene Krankheit keine Immunität verursacht. Hier fehlt Wissen über die sich entwickelnde Immunität.

18 Daten nach Demographie

Die folgende Tabelle zeigt für die aktuelle Welle wesentliche Variablen gesplittet nach den demographischen Charakteristika der Befragungsteilnehmenden.

 Wahrscheinlichkeit     Schweregrad     Anfälligkeit     COVID-19 Wissen     Schutzverhalten     Aktionismus     Subjektives Vorbereitetsein     Vertrauen in Behörden 
 Mittelwert   Standard- abweichung   Anzahl     Mittelwert   Standard- abweichung   Anzahl     Mittelwert   Standard- abweichung   Anzahl     Mittelwert   Standard- abweichung   Anzahl     Mittelwert   Standard- abweichung   Anzahl     Mittelwert   Standard- abweichung   Anzahl     Mittelwert   Standard- abweichung   Anzahl     Mittelwert   Standard- abweichung   Anzahl 
 Gesamt 
   3.7 1.5 1020   4.1 1.6 1020   3.9 1.5 1020   0.9 0.2 1020   0.7 0.2 1020     5.0 1.3 1020   4.7 1.6 1012
 Altersgruppe 
   18-29  3.9 1.5 211   3.1 1.3 211   3.5 1.3 211   0.9 0.2 211   0.6 0.3 211     4.7 1.3 211   4.7 1.5 209
   30-49  3.9 1.4 357   3.9 1.4 357   3.9 1.4 357   0.9 0.2 357   0.6 0.2 357     4.9 1.3 357   4.6 1.5 353
   50-64  3.5 1.4 290   4.6 1.6 290   4.0 1.7 290   0.9 0.2 290   0.7 0.2 290     5.2 1.4 290   4.7 1.7 288
   65-74  3.3 1.3 162   5.1 1.4 162   4.2 1.6 162   0.9 0.2 162   0.7 0.2 162     5.2 1.3 162   4.8 1.7 162
 Geschlecht 
   männlich  3.7 1.5 488   4.1 1.5 488   4.0 1.5 488   0.9 0.2 488   0.7 0.2 488     4.9 1.3 488   4.7 1.6 485
   weiblich  3.6 1.4 532   4.1 1.6 532   3.8 1.5 532   0.9 0.2 532   0.7 0.2 532     5.0 1.4 532   4.7 1.6 527
 Bundesland 
   Ba-Wü  3.6 1.3 128   4.1 1.6 128   4.0 1.5 128   0.9 0.2 128   0.7 0.2 128     5.1 1.3 128   4.7 1.5 127
   Bayern  3.6 1.5 153   4.0 1.6 153   3.8 1.6 153   0.9 0.2 153   0.7 0.2 153     4.9 1.3 153   4.7 1.5 150
   Berlin  3.9 1.7 44   4.0 1.5 44   3.8 1.7 44   0.8 0.2 44   0.6 0.2 44     4.7 1.6 44   4.9 1.2 44
   Brandenburg  3.5 1.1 33   4.5 1.8 33   4.2 1.8 33   0.9 0.2 33   0.7 0.2 33     5.2 1.1 33   4.6 1.3 33
   Bremen  2.6 1.2 9   3.4 1.7 9   3.6 1.9 9   0.9 0.1 9   0.7 0.3 9     5.4 1.7 9   4.4 2.0 9
   Hamburg  3.8 1.5 22   3.7 1.8 22   3.5 1.6 22   0.8 0.3 22   0.6 0.2 22     5.2 1.3 22   3.9 2.1 22
   Hessen  3.7 1.5 75   4.3 1.6 75   3.9 1.5 75   0.9 0.2 75   0.6 0.2 75     4.9 1.3 75   4.8 1.4 75
   Meck-Vorp  2.9 0.9 21   4.1 1.5 21   3.8 1.3 21   0.9 0.2 21   0.7 0.2 21     4.5 1.5 21   4.4 1.8 21
   Nieders  3.8 1.6 98   4.2 1.5 98   4.1 1.5 98   0.9 0.2 98   0.7 0.2 98     5.0 1.4 98   4.8 1.6 97
   NRW  3.7 1.5 222   4.1 1.5 222   3.8 1.4 222   0.9 0.2 222   0.7 0.2 222     5.1 1.2 222   4.9 1.5 222
   RLP  3.8 1.5 49   4.1 1.4 49   3.9 1.4 49   0.9 0.2 49   0.7 0.2 49     4.8 1.5 49   4.5 1.7 46
   Saarland  3.8 1.4 16   4.1 1.5 16   3.6 1.5 16   0.9 0.3 16   0.6 0.2 16     4.3 1.3 16   4.4 1.3 16
   Sachsen  4.2 1.5 53   3.9 1.8 53   4.2 1.6 53   0.9 0.2 53   0.7 0.2 53     4.6 1.3 53   4.2 1.7 53
   S-Anhalt  3.4 1.3 32   4.0 1.6 32   3.6 1.5 32   0.9 0.3 32   0.6 0.3 32     5.4 1.2 32   4.5 1.6 32
   Schleswig-H  3.6 1.5 37   4.3 1.7 37   3.9 1.7 37   0.8 0.2 37   0.6 0.2 37     5.0 1.3 37   4.7 1.7 37
   Thüringen  3.5 1.5 28   4.0 1.5 28   3.6 1.5 28   0.9 0.2 28   0.6 0.3 28     4.9 1.5 28   4.5 1.6 28
 Gemeindegröße 
   ≤ 5.000 Einwohner  3.7 1.4 180   4.2 1.6 180   3.9 1.5 180   0.9 0.2 180   0.7 0.2 180     5.0 1.2 180   4.6 1.6 177
   5.001 – 20.000 Einwohner  3.6 1.4 224   4.2 1.6 224   3.9 1.5 224   0.9 0.2 224   0.7 0.2 224     5.0 1.3 224   4.8 1.5 222
   20.001 – 100.000 Einwohner  3.7 1.4 234   4.0 1.5 234   3.7 1.5 234   0.9 0.2 234   0.7 0.2 234     4.8 1.4 234   4.5 1.6 232
   100.001 – 500.000 Einwohner  3.6 1.4 200   4.1 1.5 200   4.0 1.4 200   0.9 0.2 200   0.6 0.2 200     5.0 1.2 200   4.9 1.4 199
   > 500.000 Einwohner  3.7 1.7 182   4.0 1.7 182   3.8 1.7 182   0.8 0.2 182   0.7 0.2 182     5.0 1.5 182   4.7 1.6 182
 Selbst infiziert 
   nicht infiziert  3.6 1.4 862   4.1 1.6 862   3.8 1.5 862   0.9 0.2 862   0.7 0.2 862     5.0 1.3 862   4.7 1.6 855
   infiziert  4.7 1.9 19   4.6 1.3 19   4.9 1.5 19   0.4 0.2 19   0.4 0.4 19     5.3 1.5 19   4.7 1.4 19
   genesen  5.0 1.4 4   5.2 1.3 4   5.2 0.5 4   0.4 0.3 4   0.6 0.4 4     5.5 1.0 4   4.8 0.8 4
   weiß nicht  4.1 1.4 135   4.1 1.7 135   4.2 1.5 135   0.9 0.2 135   0.7 0.2 135     4.8 1.4 135   4.5 1.6 134
 Infizierte im persönlichen Umfeld 
   nicht infiziert  3.5 1.4 844   4.1 1.6 844   3.8 1.5 844   0.9 0.2 844   0.7 0.2 844     5.0 1.3 844   4.7 1.6 838
   infiziert  4.6 1.5 123   4.1 1.6 123   4.4 1.4 123   0.8 0.2 123   0.7 0.3 123     5.0 1.3 123   4.7 1.5 123
   weiß nicht  3.8 1.5 53   4.5 1.7 53   4.2 1.5 53   0.8 0.3 53   0.7 0.3 53     4.7 1.4 53   4.6 1.6 51

19 Übersicht über alle bisherigen Datenerhebungen

Die folgende Tabelle zeigt die Verteilung der Befragungsteilnehmenden nach Soziodemographie und der bisherigen Wellen.

 Summe     Erhebungszeitpunkt 
   03.03.20   10.03.20   17.03.20   24.03.20   31.03.20   07.04.20   14.04.20   21.04.20   28.04.20 
 Altersgruppe 
   18-29  1717   190 181 196 189 199 175 207 169 211
   30-49  3372   350 348 393 349 396 401 386 392 357
   50-64  2511   275 283 275 266 278 287 262 295 290
   65-74  1441   162 157 154 153 157 161 179 156 162
   #Summe  9041   977 969 1018 957 1030 1024 1034 1012 1020
 Geschlecht 
   männlich  4454   493 462 507 495 507 507 504 491 488
   weiblich  4587   484 507 511 462 523 517 530 521 532
   #Summe  9041   977 969 1018 957 1030 1024 1034 1012 1020
 Bundesland 
   Ba-Wü  1133   120 121 131 118 129 129 129 128 128
   Bayern  1365   137 130 157 160 158 155 159 156 153
   Berlin  392   43 44 44 34 46 45 44 48 44
   Brandenburg  272   31 32 33 26 32 30 34 21 33
   Bremen  77   8 8 8 8 9 9 8 10 9
   Hamburg  207   22 23 23 22 24 22 22 27 22
   Hessen  657   71 68 70 70 75 76 76 76 75
   Meck-Vorp  199   25 19 21 23 27 21 21 21 21
   Nieders  865   92 92 95 96 96 104 97 95 98
   NRW  1962   219 218 227 187 217 219 230 223 222
   RLP  471   51 50 49 58 55 55 53 51 49
   Saarland  124   15 15 16 13 14 10 11 14 16
   Sachsen  479   50 55 52 45 52 54 56 62 53
   S-Anhalt  273   31 30 29 35 31 30 29 26 32
   Schleswig-H  318   36 36 36 30 35 36 37 35 37
   Thüringen  247   26 28 27 32 30 29 28 19 28
   #Summe  9041   977 969 1018 957 1030 1024 1034 1012 1020

COSMO Konsortium Welle 9:

Team Uni Erfurt: Cornelia Betsch, Lars Korn, Lisa Felgendreff, Sarah Eitze, Philipp Schmid, Philipp Sprengholz

Team RKI: Lothar Wieler, Patrick Schmich

Team BZgA: Heidrun Thaiss, Freia De Bock

Team ZPID: Michael Bosnjak

Team SMC: Volker Stollorz

Team BNITM: Michael Ramharter

Team Yale: Saad Omer

Team MH Hannover: Christian Krauth

Team Yale Psychology: Molly Crockett

Review-Team: Robert Böhm (Universität Kopenhagen), Britta Renner (Universität Konstanz), Wolfgang Gaissmaier (Universität Konstanz), Tobias Rothmund (Uni Jena), Petra Dickmann (Uniklinikum Jena).