Alles auf einen Blick — Erhebungen vom 16./17.11.2021 und 30.11./01.12.2021

Eine Zusammenstellung der wichtigsten Befunde mit Abbildungen und Empfehlungen finden Sie im aktuellen Foliensatz.

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Kurzzusammenfassung

Auf der Basis der bisherigen und aktuellen Ergebnisse der COSMO Befragung (Welle 56, 16. & 17.11.21, 1014 Befragte; Welle 57, 30.11. & 01.12.21, 1010 Befragte; deutschlandweite nicht-probabilistische Quotenstichprobe, die die erwachsene Allgemeinbevölkerung zwischen 18 und 74 Jahren für die Merkmale Alter x Geschlecht und Bundesland abbildet) leitet das COSMO-Konsortium folgende Empfehlungen zur weiteren Gestaltung der COVID-19-Lage in Deutschland ab.

Risikowahrnehmung und Schutzverhalten

Befunde: Die Risikowahrnehmung steigt aktuell weiter an. Ungeimpfte Personen haben immer noch eine geringere Risikowahrnehmung, aber auch hier gab es einen leichten Anstieg. Entsprechend beobachten wir im aktuellen Anstieg der Fallzahlen weiter einen leichten Anstieg von freiwilligem Schutzverhalten (mehr Vermeiden von Gruppen und Gedrängen, Gespräche mit engem Kontakt, Vermeidung von öffentlichen Orten, privaten Feiern und Reisen). Die Verwendung von Schnelltests nimmt zu und ist auf dem Niveau von Juni/Juli 2021. Ausschließliches Homeoffice ist im Vergleich zur dritten Corona-Welle noch deutlich seltener. Die angegebene Anzahl von Kontakten nimmt nicht ab und unterscheidet sich auch in stark von COVID-19 betroffenen Bundesländern nicht von den anderen Bundesländern. Geplante Freizeitaktivitäten unterscheiden sich ebenfalls nicht wesentlich in stark betroffenen Bundesländern und auch nicht zwischen Ungeimpften und Geimpften; es findet bei Ungeimpften also aktuell noch keine deutliche Umplanung von Freizeitaktivitäten statt, obwohl das Freizeitverhalten ungeimpfter Personen regional eingeschränkt wird bzw. bereits wurde.

Impfen, Impfbereitschaft und Motive der Ungeimpften

Bitte zu beachten: Generell ist der Anteil der mindestens einmal Geimpften in der COSMO Stichprobe etwas höher als in anderen Impfquoten-Monitorings berichtet. Dies legt nahe, dass die Stichprobe in der COSMO Studie dem Impfen positiver gegenübersteht als die Allgemeinbevölkerung, wodurch möglicherweise der Anteil der Impf-Unwilligen unterschätzt wird. Auch werden hier nur Erwachsene im Alter zwischen 18 und 74 Jahren befragt.

Impfbereitschaft und Einflussfaktoren. Unter den Ungeimpften sind in der aktuellen Befragung nur 19% impfbereit, 21% der Ungeimpften sind zögerlich oder unsicher, 60% sagen, sie wollen sich auf keinen Fall impfen lassen. Aktuell steigt der Anteil der Impfbereiten leicht an. Der Anteil der Verweigerer liegt aktuell bei 7% aller Befragten (November und davor: um 9-10%). Unter den Genesenen ist nur ein Drittel bereit, sich impfen zu lassen, wenn ihr Zertifikat abgelaufen ist. Über ein Drittel ist zögerlich und unsicher, ca. ein Drittel möchte sich auf keinen Fall impfen lassen. Die Bereitschaft zum Boostern ist hoch (80%).

Obwohl insgesamt die Impfbereitschaft unter den Ungeimpften leicht steigt, ist die Impfbereitschaft in stark von COVID-19 betroffenen Bundesländern niedriger als in weniger betroffenen Bundesländern. Auch im Zeitverlauf ändert sich die Impfbereitschaft dort nicht. Bundesländer mit niedriger Impfquote haben auch eine niedrigere Impfbereitschaft der noch ungeimpften Personen. Unter den ungeimpften Personen haben 63% Angst vor der Impfung; sie nehmen auch weniger wahr, dass ihr Umfeld erwartet, dass man sich impfen lässt. Beides hängt mit geringerer Impfbereitschaft zusammen. Ungeimpfte Personen haben weniger Vertrauen in die Sicherheit der Impfung; je stärker Impfen abgelehnt wird, desto mehr wird auch die Sicherheit bezweifelt. Impfverweigerer halten die Impfung eher für überflüssig und sie wägen auch mehr Risiken und Nutzen ab. Praktische Barrieren spielen eher bei impfbereiten Personen eine Rolle und sollten dort abgebaut werden. Wer gar nicht oder mittelmäßig impfbereit ist, will sich eher darauf verlassen, dass andere sich impfen lassen (Trittbrettfahren). Die Nutzung schulmedizinischer Angebote fällt bei geimpften Menschen minimal höher aus als bei ungeimpften. Zwischen der Nutzung verschiedener Angebote und der Impfbereitschaft Ungeimpfter konnten jedoch keine Zusammenhänge gefunden werden; auch für die Booster-Impfung ist der Zusammenhang sehr klein.

Empfehlungen:

Warten auf den Totimpfstoff. Häufig wird berichtet, dass ungeimpfte Personen lieber auf traditionell hergestellte Totimpfstoffe warten möchten als sich mit jetzt verfügbaren mRNA- oder Vektor-Impfstoffen impfen zu lassen. Dies zeigt sich in der Tat auch in Welle 56; der Totimpfstoff wird als sicherer eingeschätzt und die Impfbereitschaft wird als höher angegeben als für die aktuell verfügbaren Impfstoffe. Beachtet werden muss aber auch, dass der Impfstoff noch in weiter Ferne ist – wäre er in einem hypothetischen Entscheidungsszenario nächste Woche verfügbar, ist die Impfbereitschaft niedriger. Es trägt also zu dieser Präferenz sowohl der Gedanke an eine mögliche höhere Sicherheit bei, als auch die Tatsache, dass ein möglicher Impftermin erst in abstrakter Ferne liegt.

Empfehlung

Ungeimpfte nehmen die Pandemie anders wahr als Geimpfte. Im Vergleich zu geimpften Personen sorgen sich ungeimpfte weniger um die Überlastung des Gesundheitssystems. Sie denken auch, dass sie sich weniger wahrscheinlich infizieren; haben weniger Vertrauen in die Regierung und die Wissenschaft; hängen eher Verschwörungserzählungen an (Corona ist ein Schwindel, menschengemacht); halten die Maßnahmen eher für übertrieben und halten sich auch weniger an Maßnahmen wie z.B. das Masketragen.

Impfpflicht. Eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen befürworten Ende November zwischen 64% (für Polizist:innen) und 74% (für Ärzt:innen und Pflegepersonal). Die Befürwortung einer allgemeinen Impfpflicht wird aktuell insgesamt von ca. 67% aller Befragten (eher oder sehr) befürwortet; die Zustimmung ist deutlich gestiegen. Eine Impfpflicht lehnt eher ab, wer jünger ist, weiblich, wer Kinder hat oder nicht gegen Corona geimpft ist. In einem Discrete Choice Experiment war für ungeimpfte Personen die Ablehnung der Impfpflicht das wichtigste Kriterium bei der Bewertung von Maßnahmenbündeln – deutlich vor der Vermeidung einer intensivmedizinischen Überlastung. Hohe Sterblichkeit zu vermeiden war nicht relevant.

In einem Gedankenexperiment sollten die Befragten sich außerdem vorstellen, es gäbe eine allgemeine Impfpflicht für alle Erwachsenen oder eine ab 60 Jahren (am stärksten betroffene Bevölkerungsgruppe): Untersucht wurde der Effekt dieser Regelungen auf die Impfbereitschaft der unter 60-Jährigen, also für diejenigen, für die eine zielgruppenspezifische Impfpflicht potenziell nicht gilt. Es zeigte sich, dass sich eine zielgruppenspezifische Impfpflicht negativ auf die Gesamtimpfquote auswirken kann, da sie die Impfbereitschaft der unter-60-Jährigen reduzierte.

Empfehlungen:

Zugang nur mit Impfnachweis (2G, 2G+, 3G). 2G und 2G+ sind sehr gut akzeptierte Regelungen: Dass der Zutritt zu Veranstaltungen nur für Geimpfte, Genesene oder Getestete erlaubt sein soll, befürworten 87% der Befragten. 2G/2G+ sind dabei die favorisierten Regeln (52%).

Bereitschaft, eigene Kinder impfen zu lassen

Für Kinder ab 12 ist eine Impfung verfügbar und seit 16.08.21 auch von der STIKO für alle Kinder ab 12 Jahren empfohlen; zuvor war die Impfung nur für Kinder mit Risikofaktoren empfohlen. Die Impfung für 5-11-Jährige ist aktuell durch die EMA zugelassen, aber in Deutschland noch nicht verfügbar oder empfohlen.

Befunde: Die aktuell erreichbare Impfquote bei Kindern ab 12 (Geimpfte plus Impfbereite) liegt bei ca. 62.8%, wenn alle Eltern, die es vorhaben, ihre Kinder auch impfen lassen. Über alle Altersgruppen hinweg zeigt sich, dass Eltern mit geringer Bereitschaft, ihre Kinder impfen zu lassen, vor allem geringeres Vertrauen in die Sicherheit des Impfstoffs und eine niedrigere Risikowahrnehmung für ihre Kinder haben. Eltern, die ihre Kinder bereits geimpft haben, zeigen hingegen ein deutlich höheres Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft. Die Abwägung von Risiken und Nutzen der Impfung spielt bei beiden Gruppen eine starke Rolle, während die Barrieren in der Ausführung in beiden Gruppen als (eher) gering empfunden werden.

Empfehlungen:

Akzeptanz und Ablehnung der Maßnahmen, Vertrauen, Demonstrationsbereitschaft

Befunde: Bundeseinheitliche Regelungen werden von über 70% bevorzugt. Auch einschränkendere Maßnahmen werden zunehmend eher akzeptiert (Einschränkung von Freiheitsrechten, sofortiger Lockdown, Kontakte eischränken – jeweils über 50% Zustimmung unter allen Befragten), v.a. werden diese Maßnahmen von Geimpften befürwortet und von Personen, die bereits von der Omikron-Variante gehört haben. Es zeigen sich insgesamt trotz regional verschärfter Maßnahmen keine stärkeren psychologischen Abwehrreaktionen (Ärger, Demonstrationsbereitschaft). Unter den ungeimpften Personen ist die Demonstrationsbereitschaft jedoch deutlich größer und im Vergleich zu vor zwei Wochen gestiegen. 22% gehen die Maßnahmen zu weit, 29% halten die Maßnahmen für angemessen, 49% gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Es zeigt sich also eine deutliche Veränderung zum Oktober: Weitergehende Maßnahmen werden stärker gefordert. Neue Maßnahmen, die jüngst beschlossen und eingeführt wurden (3G am Arbeitsplatz, in öffentlichen Verkehrsmitteln, Tests vor Besuch in Alten- und Pflegeheimen), sind gut akzeptiert und seit der Einführung in ihrer Akzeptanz gestiegen. Schulschließungen waren in der 2. und 3. Welle akzeptierte Maßnahmen, aktuell ist die Befürwortung deutlich geringer, steigt aber an.

Das Vertrauen in die amtierende Regierung ist stabil auf niedrigerem Niveau. Es vertrauen aktuell 25% dem Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung, 59% haben aktuell kein oder nur sehr wenig Vertrauen. Der potenziell neuen Regierung wird sowohl von ungeimpften als auch geimpften Personen mehr Vertrauen im Umgang mit der Pandemie entgegengebracht als der amtierenden Regierung.

Interpretationen und Empfehlungen:

Belastung des Gesundheitssystems und Triage

Sorgen um das Gesundheitssystem und die eigene Gesundheit steigen insgesamt weiter an. Sorgen um die eigene Gesundheit, die Gesundheit anderer oder das Gesundheitssystem sind bei ungeimpften Personen deutlich geringer ausgeprägt als bei geimpften.

In einem Experiment (Welle 56) zur Frage der Priorisierung bei der Intensivbehandlung im Krankenhaus zeigte sich, dass geimpfte Personen diejenigen bevorzugen würden, die selbst auch geimpft waren. Ungeimpfte Personen mit COVID-19 erhielten von Geimpften die niedrigste Priorität, selbst wenn sie mehr von einer Behandlung profitieren würden als Personen mit Herzinfarkt.

Empfehlungen:

Belastungen, Sorgen, Umgang mit Trauer

Die aktuelle Belastung ist gestiegen. 51% geben an, sich aktuell belastet zu fühlen. Kritische Werte (laut WHO-5 Index) treten jedoch nicht häufiger auf als in bisherigen Messungen. Sorgen um den Zusammenhalt der Gesellschaft sind nach wie vor hoch; Sorgen über die eigene Finanzlage eher niedrig ausgeprägt. Für die Zukunft wünscht sich die Mehrheit organisierte Trauerfeierlichkeiten, sowohl organisiert von Staat und/oder Religionsgemeinschaften.

Empfehlungen: