Alles auf einen Blick — Erhebung vom 05./06.07.2022

Eine Zusammenstellung der wichtigsten Befunde mit Abbildungen und Empfehlungen finden Sie im aktuellen Foliensatz.

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Kurzzusammenfassung

Wir befinden uns aktuell in einer Situation, in der bei steigenden Fallzahlen zwar minimal das gefühlte Risiko wieder ansteigt, das Schutzverhalten jedoch weiter niedrig ist. Sich vor Ansteckung zu schützen, wird zunehmend als schwierig wahrgenommen; eine Infektion wird jedoch weiterhin als wenig schwerwiegend eingeschätzt. Andere Krisen, wie der Ukraine-Krieg und der Klimawandel, haben die Pandemie in der Dominanz abgelöst: es wird deutlich seltener nach Informationen zur Pandemie gesucht als nach den anderen Themen. Mit Blick auf den Herbst zeigt sich außerdem, dass 40-70% der Befragten eine Wiedereinführung der Maskenpflicht, Ausweitung der Arbeit im Home Office und Absage von Freizeitveranstaltungen im Innen- und Außenbereich teils auch dann als gerechtfertigt ansehen, wenn sich die Situation im Vergleich zu jetzt nur wenig ändert. Sollte ein besonders ungünstiges Szenario eintreten, werden einschränkende Maßnahmen im Schnitt eher akzeptiert. Insgesamt wird der Befund bestärkt, dass Personen ohne Impfschutz ungeimpft bleiben möchten, dies gilt auch für Kinder. Mit einer Steigerung der Impfquote ist also ohne Weiteres nicht zu rechnen. Unter 40% wissen, dass in Deutschland die Impfung für alle Menschen ab fünf Jahren empfohlen ist.

Auf der Basis der bisherigen und aktuellen Ergebnisse der COSMO Befragung (Welle 65, 05.07. & 06.07.22, 985 Befragte; deutschlandweite nicht-probabilistische Quotenstichprobe, die die erwachsene Allgemeinbevölkerung zwischen 18 und 74 Jahren für die Merkmale Alter x Geschlecht und Bundesland abbildet) leitet das COSMO-Konsortium folgende Empfehlungen zur weiteren Gestaltung der COVID-19-Lage in Deutschland ab:

Risikowahrnehmung, Schutzverhalten, Akzeptanz von aktuellen Maßnahmen

Befunde: Die Risikowahrnehmung und das Schutzverhalten haben sich seit der Omikron-Welle im Vergleich zum Delta-Infektionsgeschehen Ende 2021 deutlich verändert. Aktuell steigt das wahrgenommene Ansteckungsrisiko leicht, das gefühlte Risiko ist seit Beginn der Omikron-Welle deutlich gesunken, auch der Schweregrad einer möglichen Infektion wird durchgängig als geringer eingeschätzt als in der Delta-Welle. Schutzverhalten ist entsprechend deutlich niedriger als in der Delta-Welle. Freiwilliges Masketragen und Abstandhalten sind auf dem Niveau vom Juni stabil niedrig. Unter 60% begeben sich nach Kontakt mit Infizierten in freiwillige Quarantäne. Circa die Hälfte der Befragten hält die aktuell geltenden Maßnahmen für angemessen, 17% gehen sie zu weit, 32% nicht weit genug (im Juni gingen 24% die Maßnahmen nicht weit genug).

„Sommerreifen vs. Schneeketten“: Maßnahmen für Herbst und Winter 2022

Befunde: Wie im Juni erhielten die Befragten wieder eines von drei möglichen Szenarien für den Herbst: günstigstes Szenario, Basis-Szenario, ungünstigstes Szenario (vgl. 11. Stellungnahme des ExpertInnenrats der Bundesregierung). Aus einer Liste von möglichen Maßnahmen sollten diejenigen gewählt werden, die man im jeweiligen Szenario als gerechtfertigt einschätzt, um die Verbreitung des Virus zu verringern und die Sterblichkeit sowie Todesfälle zu verhindern. Die Ergebnisse entsprechen in etwa den Befunden im Juni: Es gab stärkere Unterschiede zwischen den Maßnahmen als zwischen den Szenarien. Am häufigsten wurden die folgenden Maßnahmen als gerechtfertigt angegeben (von 40-70% der Befragten): Wiedereinführung der Maskenpflicht, Ausweitung der Arbeit im Home Office und Absage von Freizeitveranstaltungen im Innenbereich. Am seltensten wurden gewählt (von 10-20% der Befragten): nächtliche Ausgangssperren und die Schließung von Schulen und Kindergärten. Zwischen den Szenarien konnten nur geringe Unterschiede festgestellt werden. Einige Maßnahmen wurden allerdings im ungünstigsten Szenario etwas stärker akzeptiert, dazu gehören die Pflicht zum Homeoffice und die Absage von Freizeitveranstaltungen im Innen- und Außenbereich.

Krisen im Vergleich: Corona-Pandemie, Klimawandel, Ukraine Krieg

Befunde: Am häufigsten informieren sich die Befragten aktuell zum Ukraine-Krieg (55% informieren sich häufig), gefolgt vom Klimawandel (41%), dann Corona-Pandemie (40%). Aktuell ist das gefühlte Risiko am größten in Bezug auf die Ukraine-Krise, gefolgt vom Klimawandel und dann der Corona-Pandemie. Wer sich wegen des Ukraine-Krieges sorgt, viel darüber nachdenkt oder Angst hat, dem geht es auch in Bezug auf die Corona-Pandemie und die Klimakrise ähnlich. Wer sich häufiger informiert, fühlt ein höheres Risiko (und umgekehrt).

Vertrauen

Befunde: Vertrauen in die jeweils amtierende Bundesregierung ist seit dem Frühjahr 2021 eher niedrig. Knapp die Hälfte der Befragten gibt aktuell an, der Regierung (eher) wenig zu vertrauen. Ca. ein Drittel hat (eher) hohes Vertrauen.

Impfen, Impfbereitschaft und Motive der Ungeimpften

Impfbereitschaft. Die Impfbereitschaft unter den (weniger werdenden, verbleibenden) ungeimpften Personen ist sehr gering. Von allen Befragten waren in dieser Welle 10% ungeimpft, der Rest hat mindestens eine Impfung erhalten. Unter diesen Ungeimpften sind 5% impfbereit, 12% zögerlich oder unsicher, 83% sagen, sie wollen sich auf keinen Fall impfen lassen.

Einflussfaktoren. Ungeimpfte mit unterschiedlicher Impfbereitschaft unterscheiden sich etwas in ihren Gründen des Nicht-Impfens - sowohl untereinander als auch im Vergleich zu Geimpften: Wer sich auf keinen Fall impfen lassen möchte, hat deutlich größere Sicherheitsbedenken als Geimpfte; diese sind der Hauptgrund gegen das Impfen. Die Impfung wird zudem nicht als notwendig betrachtet; dies resultiert aus einer niedrigen Risikowahrnehmung durch die Erkrankung. Wer ungeimpft ist und noch zögerlich, den halten ebenfalls v. a. Sicherheitsbedenken ab. Bei Personen, die noch ungeimpft aber im Prinzip impfbereit sind, gibt es keine wesentlichen Unterschiede zu Geimpften.

Neue STIKO Impfempfehlung für Kinder von 5-11 Jahren. Ende Mai wurde die Impfung gegen COVID durch die STIKO auch für Kinder von 5-11 empfohlen. Der Zuwachs an geimpften Kindern zwischen den Erhebungen im Mai und Juli 2022 ist statistisch nicht bedeutsam. Auch unterscheidet sich die Impfbereitschaft der Eltern der ungeimpften Kinder nicht zwischen der Erhebung im Mai und im Juli. Eltern von Kindern im Alter von 5-11 Jahren (n=78) haben keine höhere Bereitschaft, ihre Kinder gegen Corona impfen zu lassen, wenn sie von der Empfehlung der STIKO wissen. Hier ist jedoch einschränkend eine geringe Stichprobengröße bei Eltern mit Kindern in diesem Alterssegment zu beachten. Insgesamt zeigt sich bei Kindern dasselbe wie bei Erwachsenen: Die Impfbereitschaft stagniert schon seit längerer Zeit, wer sein Kind impfen lassen möchte, hat das in der Regel bereits getan.

Wissen über STIKO Empfehlung allgemein. In Deutschland ist grundsätzlich die Corona-Impfung ab 5 Jahren empfohlen. Für verschiedene Altersstufen werden verschiedene Dosierungen oder Impfstoffe empfohlen. Nur 37% der Befragten wissen allerdings, dass die Impfung generell ab 5 Jahren empfohlen ist. Ebenso viele denken, es gäbe eine Empfehlung ab 12 Jahre. Eltern von Kindern unter 18 Jahren wissen nicht besser über die geänderte Empfehlung der STIKO Bescheid als die Gesamtstichprobe.

Long COVID

Befunde: Wer jemanden mit Long-COVID kennt (knapp ein Drittel der Befragten), schätzt eine Infektion als schwerwiegender ein, hat mehr Angst vor einer Infektion und mehr Sorgen vor Langzeitfolgen. 12% der bereits Erkrankten geben an, selbst an Long-COVID zu leiden (knapp ein Drittel aller Befragten war bereits erkrankt). Definiert wurde Long-Covid im Fragebogen als aktuelle gesundheitliche Beschwerden, die jenseits der akuten Krankheitsphase einer SARS-CoV-2-Infektion von 4 Wochen fortbestehen oder auch neu auftreten.

Schnelltests

Befunde: Obwohl die Infektionszahlen und damit die Ansteckungswahrscheinlichkeit steigt, sinkt die Nutzung der Schnelltests. Etwa 40% haben sich in der vergangenen Woche mindestens einmal getestet, etwa 17% testen sich mehrfach in der Woche. Das Schnelltesten nimmt ab: Der Anteil der Personen, die angeben, sich gar nicht zu testen, ist bezogen auf die letzte Woche höher als in den letzten 4 Wochen (von 46% auf 57% gestiegen).

Interpretation: Aus vergangenen Erhebungen wissen wir, dass Kosten die Schnelltestwahrscheinlichkeit senken (https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2107179118); die Einführung der Kostenpflicht kann mit zu diesem Rückgang geführt haben.