Alles auf einen Blick — Erhebungen vom 02./03.08.2022 und 30./31.08.2022

Eine Zusammenstellung der wichtigsten Befunde mit Abbildungen und Empfehlungen finden Sie im aktuellen Foliensatz.

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Wir befinden uns aktuell in einer Situation, in der das Schutzverhalten weiter eher niedrig ist. Auch mit gestiegenen Fallzahlen ist das Schutzverhalten nicht verstärkt worden. Eine Infektion wird weiterhin als weniger schwerwiegend eingeschätzt als in der Delta-Welle. Andere Krisen haben die Pandemie außerdem in ihrer Dominanz abgelöst: Risiken durch den Klimawandel oder v.a. den Ukraine-Krieg werden als höher wahrgenommen; es wird auch deutlich seltener nach Informationen zur Pandemie gesucht als über den Krieg. Personen ohne Impfschutz möchten weiter ungeimpft bleiben. Die geltenden Impfempfehlungen sind auch in den relevanten Zielgruppen nicht gut bekannt. Personen mit hybrider Immunität (Impfung plus Genesung) sind weniger bereit, sich weiter impfen zu lassen, auch nicht mit angepassten Impfstoffen. Insgesamt ist die Bereitschaft jedoch größer, sich mit neuen angepassten Impfstoffen impfen zu lassen als mit den bisherigen Impfstoffen, eine Steigerung der Impfbereitschaft ist jedoch insgesamt eher nicht zu erwarten. Unter den über 60-Jährigen zeigt sich ein großer Nachholbedarf: mehr als die Hälfte verfügt nicht über eine ausreichende Immunisierung. Selbst wenn man hybride Immunität betrachtet, also Impfungen und Genesungen zusammenzählt, liegen 55% der über 60-Jährigen bei unter vier Immunisierungen. Wie andere Studien weisen auch die COSMO Daten auf eine deutliche Untererfassung der Inzidenz in den letzten Monaten hin; 2 von 5 Personen mit positivem Schnelltest ließen keinen PCR-Test durchführen.

Methodische Hinweise: Die COSMO Befragung (Welle 66: 03./03.08, N = 1000, Welle 67: 30./31.08.22, N = 998) basiert auf einer deutschlandweiten, nicht-probabilistischen Quotenstichprobe, die die erwachsene Allgemeinbevölkerung zwischen 18 und 74 Jahren für die Merkmale Alter x Geschlecht und Bundesland abbildet.

Kurzzusammenfassung

Ukrainekrieg, Klimawandel, Corona: Krisen im Vergleich

Befunde: Das gefühlte Risiko in Bezug auf die Corona-Pandemie ist im Vergleich zu dem gefühlten Risiko hinsichtlich der beiden anderen Krisen am niedrigsten ausgeprägt. Während das gefühlte Risiko in Bezug auf den Ukrainekrieg leicht sinkt, steigt das affektive Risiko hinsichtlich des Klimawandels. Am seltensten informieren sich die Befragten zur Corona-Krise, am häufigsten über den Ukrainekrieg, dies spiegelt sich auch in der Krisenmüdigkeit, die am höchsten für die Coronapandemie ausgeprägt ist. Seit dem Winter werden zunehmend mehr Informationen zum Klimawandel gesucht. Aktuell geben etwas über die Hälfte der Befragten an, durch die Entscheidungen im Ukrainekrieg, der Klimakrise und/oder der Corona-Pandemie Geld verloren zu haben. Wer von Geldverlusten berichtet, hat auch signifikant höhere Sorgen und Ängste.

Risikowahrnehmung, Schutzverhalten, Akzeptanz von aktuellen Maßnahmen

Befunde: Die Risikowahrnehmung und das Schutzverhalten haben sich seit der Omikron-Welle im Vergleich zum Delta-Infektionsgeschehen Ende 2021 deutlich verändert. Das gefühlte Risiko ist seit Beginn der Omikron-Welle deutlich gesunken, auch der Schweregrad einer möglichen Infektion wird durchgängig als geringer eingeschätzt als in der Delta-Welle. Dass eine Erkrankung unbekannte Spätfolgen haben könnte sorgt aktuell 43% der Befragten, dieser Anteil ist seit der Omikron Welle deutlich zurückgegangen (von 58% im Januar). Das Schutzverhalten ist entsprechend deutlich niedriger als in der Delta-Welle. Masketragen, Abstandhalten und der Verzicht auf private Feiern sind seit Juni weiter gesunken. Deutlich nimmt auch der Anteil ab, der sich nach dem Kontakt mit Infizierten in Freiwillige Quarantäne begibt: nur ca. die Hälfte der Befragten tut dies.

Vertrauen

Befunde: Vertrauen in die jeweils amtierende Bundesregierung ist seit dem Frühjahr 2021 eher niedrig. Knapp die Hälfte der Befragten gibt aktuell an, der Regierung (eher) wenig zu vertrauen. Ca. ein Drittel hat (eher) hohes Vertrauen.

Impfen, Impfbereitschaft und Motive der Ungeimpften

Impfbereitschaft. Von allen Befragten waren in dieser Welle 10% ungeimpft, der Rest hat mindestens eine Impfung erhalten. Die Impfbereitschaft unter den (wenigen verbleibenden) ungeimpften Personen ist sehr gering. Unter diesen Ungeimpften sind 5% impfbereit, 12% zögerlich oder unsicher, 83% sagen, sie wollen sich auf keinen Fall impfen lassen. Diese Zahlenverhältnisse sind seit Anfang 2021 relativ konstant.

Einflussfaktoren. Wer sich auf keinen Fall impfen lassen möchte, hat deutlich größere Sicherheitsbedenken als Geimpfte und Ungeimpfte mit mittlerer oder hoher Impfbereitschaft; diese sind der Hauptgrund gegen das Impfen. Die Impfung wird zudem nicht als notwendig betrachtet; dies resultiert aus einer niedrigen Risikowahrnehmung durch die Erkrankung. Ungeimpfte mit hoher oder mittlerer Impfbereitschaft unterscheiden sich nicht mehr von Geimpften im Hinblick auf die erfassten Gründe des Nicht-Impfens (da nur sehr wenige Ungeimpfte eine mittlere oder hohe Impfbereitschaft haben, ist dies auch der kleinen Stichprobe geschuldet).

Neue, an Omikron angepasste Impfstoffe. Ab September wird es auf die Omikron-Variante angepasste Impfstoffe geben. Die bisherigen Impfstoffe sind auch weiterhin verfügbar. In der Erhebung Ende August (#67) wurden die Teilnehmenden nach ihrer allgemeinen Impfbereitschaft gefragt. Zusätzlich wurde gefragt, wie sie entscheiden würden, wenn sie nächste Woche die Möglichkeit hätten, sich mit einem etablierten und mit einem neuen angepassten Impfstoff impfen zu lassen, wenn diese Impfung für sie empfohlen wäre. Während die Impfbereitschaft bei Ungeimpften unabhängig vom Impfstoff sehr niedrig ausfiel, waren Geimpfte eher bereit, sich mit einem angepassten statt mit einem etablierten Impfstoff impfen zu lassen. Die neuen Impfstoffe steigern die allgemeine Impfbereitschaft jedoch nicht.

Wissen über STIKO-Empfehlungen allgemein. In Deutschland ist grundsätzlich die Corona-Impfung für alle ab 5 Jahren empfohlen. Für verschiedene Altersstufen werden verschiedene Dosierungen, Anzahl an Impfdosen oder Impfstoffe empfohlen. Nur ein Drittel der Befragten weiß allerdings, dass die Impfung generell ab 5 Jahren empfohlen ist. Ebenso viele denken, es gäbe eine Empfehlung ab 12 Jahre.

Wissen über die STIKO Impfempfehlung für Kinder. Ende Mai 2022 wurde die Impfung gegen COVID durch die STIKO auch für Kinder von 5-11 empfohlen. Das Wissen darum hat sich zwischen Juli, August und September nicht verändert und ist niedrig: Ca. 38% der Eltern von Kinder unter 18 wissen, dass es eine Impfempfehlung ab 5 Jahren gibt, in der relevanten Zielgruppe der Eltern von Kindern zwischen 5 und 11 Jahren wissen dies nur 11% (einschränkend sind hier kleine Stichprobengrößen zu nennen, die zu Schwankungen und ungenauen Schätzungen führen können). Eltern wissen nicht besser über die geänderte Empfehlung der STIKO Bescheid als die Gesamtstichprobe.

Immunitätsstatus und hybride Immunität. In der aktuellen Befragung wurde erfasst, wie häufig die Befragten bereits erkrankt und geimpft waren. Jede Impfung und jede Erkrankung zählt in einer summarischen Auswertung als eine „Immunisierung“. Es zeigte sich nach dieser Berechnung, dass 20% keinen guten Schutz (unter 3 Immunisierungen) haben - 6% waren null mal immunisiert, 14% ein oder zweimal. 40% waren dreimal und 33% viermal immunisiert - vor allem bei den viermal immunisierten liegt häufig hybride Immunität vor, insbesondere bei den Jüngeren. Unter den 60- bis 74-Jährigen waren die meisten nur dreimal immunisiert (was auch Genesung inkludiert) - obwohl in dieser Altersgruppe bereits zwei Auffrischimpfungen (also i.d.R. 4 Impfungen) empfohlen sind. Ca. 20% der Personen unter 60 sind nicht mindestens dreimal immunisiert - die Empfehlung lautet hier drei Impfungen. Personen mit hybrider Immunität (die also z.B. zweimal geimpft und einmal genesen waren), sind deutlich weniger impfbereit, auch für angepasste Impfstoffe, als Personen, die nur geimpft und nicht genesen sind.

Interpretation: Relevante Zielgruppen für die Impfaufklärung sind damit mindestens Personen überzwischen 60 und 74 (Ältere wurden hier nicht befragt), die noch nicht ausreichend geimpft sind – insgesamt waren das 55% der 60- bis 74-jährigen Befragten. Außerdem sollten Personen unter 60 adressiert werden, die noch nicht 3 mal geimpft sind (21% der unter 60-Jährigen waren unter dreimal immunisiert, inklusive Genesung). Dabei ist in der Kommunikation zu erklären, ob und ggf. wie durchgemachte Infektionen als „Immunisierung“ zählen, da viele Personen über eine hybride Immunität verfügen und sich diese auch (aktuell bremsend) auf die Impfbereitschaft auswirkt.

Long COVID. 14% der Genesenen geben an, aktuell selbst an Long-COVID zu leiden (41% aller Befragten waren bereits an COVID-19 erkrankt). Definiert wurde Long-Covid im Fragebogen nach RKI-Angaben als aktuelle gesundheitliche Beschwerden, die jenseits der akuten Krankheitsphase einer SARS-CoV-2-Infektion von 4 Wochen fortbestehen oder auch neu auftreten. Wer jemanden kennt, der unter Long-COVID leidet (etwa ein Viertel der Befragten), schätzt eine Infektion als schwerwiegender ein, hat mehr Angst vor einer Infektion und mehr Sorgen vor Langzeitfolgen.

Empfehlung: Dass fast jeder Fünfte von COVID-19 Genesene Long-COVID erlebt, zeigt einen großen Bedarf nach Unterstützungsangeboten auf. Hier sollte verstärkt über verfügbare Unterstützungsangebote und Therapiemöglichkeiten aufgeklärt werden.

Long-COVID und Impfen. 52% halten aktuell eine Impfung gegen Corona für einen effektiven Schutz vor Long-COVID; wer eine Impfung für effektiver hält, ist auch eher impfbereit; hier zeigt sich ein vergleichsweise starker Einfluss der wahrgenommenen Effektivität auf die Impfbereitschaft.

Interpretation und Hinweis: Wer sich aufgrund von möglicher Long-COVID Symptomatik sorgt und die Impfung für wirksam gegen Long-COVID hält, ist zwar impfbereiter. Wie gut die Impfstoffe tatsächlich vor Long-COVID schützen, ist aufgrund der aktuellen Evidenzlage jedoch noch nicht ganz geklärt. Das RKI berichtet, dass es Hinweise gibt, dass eine Impfung Häufigkeit und Ausprägung von Long COVID-Symptomen nach einer Durchbruchinfektion mildern kann, schränkt aber explizit ein, dass “die wenigen Studien, die diese Fragestellung unter Einbeziehung einer Kontrollgruppe untersucht haben, jedoch methodisch und im Ergebnis sehr heterogen sind.” Die COSMO Daten zeigen, dass eine Impfung eher abgelehnt wird, wenn sich evtl. herausstellt, dass sie nicht gut gegen Long-COVID wirkt. Ferner ist unklar, ob es für die Allgemeinbevölkerung Empfehlungen für weitere Impfungen und Booster geben wird. Bei unserer Befragung wurde angenommen, dass eine solche Empfehlung vorliegt.

Empfehlungen zum Impfen:

Schnelltests und PCR Testung

Befunde: Die Nutzungsintensität von Schnelltests bleibt seit Juli unverändert. Etwa ein Drittel testete sich in der vergangenen Woche mindestens einmal wöchentlich, rund 14% testen sich mehrmals pro Woche. 45% der Befragten testen sich gar nicht. Seit April 2022 und dem Wegfall der 2G/3G Regelungen ist das Testen vor allem unter ungeimpften Personen stärker zurückgegangen als unter Geimpften. 42% der Geimpften testen sich gar nicht, bei den Ungeimpften sind es aktuell 77%. Von allen, die in den letzten 2 Monaten einen positiven Schnelltest hatten, geben mehr als ein Drittel an, ein positives Testergebnis nicht mit einem PCR-Test überprüft zu haben. Wenn ein PCR-Test durchgeführt wurde, hat er in 92% der Fälle das positive Ergebnis bestätigt. Dies spricht für eine hohe Anzahl von Infektionen, die in den vergangenen drei Monaten nicht in der offiziellen 7-Tage-Fallzahl erfasst wurden.