Sport in Philadelphia: Eine Stadt lebt ihre Teams – Mika Hagedorn
Philadelphia ist eine Stadt, die eine tiefe Verbundenheit zu ihren Sportteams hat. Egal ob Baseball, Basketball, Eishockey, Football oder Fußball – die Bewohner:innen sind leidenschaftliche Fans und stehen bedingungslos hinter ihren Clubs.

Phillies – Baseball als Lebensgefühl
Baseball mag für viele Europäer:innen eine eher unbekannte Sportart sein, doch in den USA ist es tief in der Kultur verankert. Die Philadelphia „Phillies“ sind eines der traditionsreichen Teams der Major League Baseball und ein fester Bestandteil der sportlichen Identität der Stadt. Es gibt einen Running Gag unter Baseballfans: Sobald die Saison beginnt, fragt niemand „Wann spielen die Phillies?“, sondern „Wann spielen sie nicht?“, da es über 160 Spiele in der Regular-Season gibt. Ich habe mich ehrlich gesagt nie großartig für diesen Sport begeistern können, aber ich habe mir trotzdem ein Spiel in einer Sportsbar angesehen, einfach um es mal gesehen zu haben. Ich verstand am Anfang kaum etwas über den Sport, aber netterweise erklärten mir Einheimische die Regeln, die aktuelle „Lore“ des Teams und ihrer Spieler mit großer Begeisterung. Wer sich selbst ein Spiel anschauen möchte, kann die Phillies im Sommer regelmäßig im Citizens Bank Park im Süden der Stadt spielen sehen.
Temple University – Sport als Teil des Unilebens
An US-Colleges ist die Identifikation mit der eigenen Universität ein essenzieller Teil des Lebens auf dem Campus. An der Temple University trägt man das ikonische „T“, inspiriert von griechischen Tempelsäulen, sowie die Farben „Cherry and White“ mit Stolz auf jeglicher Art von Kleidung. Zum College-Spirit gehört auch die Unterstützung der eigenen Kommiliton:innen in verschiedenen Sportarten – sei es Fußball, Volleyball, Basketball, Lacrosse und vor allem American Football.
Bei allen Turnieren kommen zahlreiche Studierende, um ihr Team zu unterstützen oder machen sogar eine Auswärtsreise zur Gastgeberuniversität. Um die Spieler:innen auf dem Platz bestmöglich zu motivieren, sprechen die Stadionsprecher:innen immer in einem typisch martialischen Ton und die eigenen Marching Bands spielen kurze Jingles. Am prominentesten sind die Temple Owls im American Football vertreten. Das Team ist zwar keine Spitzenmannschaft in ihrer Division, aber der Besuch eines Spiels lohnt sich dennoch allemal. Schon allein das Gefühl, einmal im Lincoln Financial Field – der Heimat des Super Bowl-Siegers 2025, der Philadelphia Eagles – gesessen zu haben, ist unvergesslich. Wer nicht mit den Regeln von American Football vertraut ist, kann trotzdem ohne Probleme zu einem Spiel gehen, da man während des 3-stündigen Spektakels schnell lernt, wann gejubelt werden soll und wann nicht. Vor jedem Spiel gibt es für Studierende ein kostenloses Angebot mit Essen, Getränken und ein paar Goodies. Die Cheerleader und die Marching Band präsentieren ihre Choreografien und marschieren gemeinsam zum Stadion. Bei den oft heißen Temperaturen Philadelphias ist es definitiv ratsam, vorher genug zu trinken, da während des Spiels Preise ab 10 Dollar aufwärts verlangt werden. Auch empfehle ich sich im Stadion ein schattiges Plätzchen zu suchen, um keinen Sonnenbrand zu bekommen.
Ich rate jedem, der vor hat in Temple zu studieren, die Möglichkeiten wahrzunehmen, zu einem Spiel der Owls zu gehen. Egal ob nun Football, Basketball oder Volleyball. Alle Matches haben Eventcharakter und sind eine Erfahrung, die man in Deutschland nicht machen kann. Die Tickets sind für alle Studierenden kostenlos und online buchbar.

Philadelphia Union – Fußball auf Amerikanisch
Als langjähriger Fußballfan wollte ich mir unbedingt ein Spiel des Teams Philadelphia Union in der Major League Soccer (MLS) ansehen. Fußball, oder wie die Amis es nennen „Soccer“, wird in den USA immer populärer, doch die Fankultur ist im Vergleich mit der europäischen noch in einer Entwicklungsphase. Das macht sich auch im Stadtbild bemerkbar. Während Merchandise von den Phillies, Eagles oder 76ers an jeder Ecke zu sehen ist, findet sich das Union-Logo eher selten.
Als Fußballfan stand daher für mich ein MLS-Spiel auf der to-do Liste. Schon beim Ticketkauf bemerkte ich einen entscheidenden Unterschied zu den anderen Sportarten: Der Preis für die Tickets war vergleichsweise ziemlich niedrig. An einigen Spieltagen betrug der Preis (ohne Steuern) gerade mal 5 Dollar für Last-Minutekäufer:innen, was auf die geringe Nachfrage zurückzuführen ist. In den USA gibt es für Tickets oft ein sogenanntes „dynamisches Preissystem“, bei dem der Preis für Eintrittskarten durch die Nachfrage bestimmt wird. Da Fußball in Philadelphia noch nicht so beliebt ist, zahlte ich für das letzte Spiel der Saison gegen den FC Cincinnati gerade einmal 10 Dollar im Heimfanbereich. Mit Steuern und Gebühren kam ich auf 30 Dollar – ein im Vergleich zu anderen Sportarten geradezu lächerlich niedriger Preis.
Das Stadion, der Subaru Park, liegt in Chester, einer Kleinstadt außerhalb Philadelphias. Mit der Regiobahn dauert die Fahrt etwa 30 Minuten von der Station „Temple University“. Das Ticket beinhaltete die Nutzung eines kostenlosen Shuttles vom Bahnhof in Chester zum Stadion. Vor Ort wurde ich von einheimischen Fans schnell als deutscher Fan erkannt und man begegnete mir mit der typisch amerikanischen Gastfreundschaft: Mitglieder des Fanclubs „Sons of Ben“, luden uns zu ihrem „Pregame Tailgating“ ein, wo wir kostenlos Hot Dogs, Burger, Getränke aber auch Schals und Mützen in den Vereinsfarben bekamen. Später nahmen wir an ihrem Fanmarsch teil und durften im Stadion blau-weiße Fahnen schwenken.
Die Atmosphäre im Stadion war überraschend gut, allerdings nicht mit europäischen Fußballstadien vergleichbar. Wer durchgehende Gesänge und lautstarke Fankultur erwartet, wird enttäuscht. Stattdessen lebt Philadelphia Union seinen eigenen amerikanischen Fußballstil – eine authentische Mischung aus Sport und Entertainment. Das Spiel endete leider mit 1:2 durch ein Eigentor.
Wer Lust hat eine andere Art der Fußballkultur kennenzulernen, sollte sich definitiv eine Karte besorgen. Allerdings müssen die Hin- und Rückfahrt gut geplant sein. Wir haben uns dafür einige Busverbindungen rausgesucht, wo wir von Chester aus nach Südphiladelphia und von da aus wieder mit der U-Bahn nach Cecil B. Moore fahren konnten. Auf diese Weise kamen wir sehr günstig hin und zurück. Guckt allerdings rechtzeitig nach Bussen oder Zügen, da ihr ansonsten nur mit einem Uber zurückkommt oder dort strandet.

„Go Birds!“ – Warum Philadelphia seine Teams so sehr liebt
Die Sportbegeisterung in Philadelphia lässt sich nicht ignorieren. Den Support in der Stadt sieht man an jeder Ecke. Ich fragte meine aus Philly stammenden Mitbewohner:innen, warum die Stadt so leidenschaftlich hinter ihren Sportteams steht. Die Antwort überraschte mich:
Mein Mitbewohner meinte, dass Philadelphia als Großstadt in Amerika oft unterschätzt und nicht richtig wahrgenommen wird und im Schatten der anderen Metropolen stünde. „Es ist eine große Stadt an der Ostküste, aber nicht so bekannt und groß wie New York City. Sie ist historisch bedeutend, aber nicht so wichtig wie Washington D.C. Sie war ein industrielles Zentrum, aber nicht so wirtschaftlich prägend wie Baltimore.“ Diese Haltung führt dazu, dass man sich umso stärker mit seinen Sportteams identifiziert – denn wenn Philly nicht überall die Nummer eins sein kann, dann doch wenigstens im Sport.
Wer Philadelphia besucht, sollte sich definitiv ein Spiel eines lokalen Teams anschauen. Egal ob Baseball, Football, Basketball oder Fußball – die Stadt lebt ihren Sport, und die Energie in den Stadien ist mitreißend. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Basketball, Eishockey, Football, Fußball oder Baseball handelt. Für Fans aller Art hat Philadelphia ein Team zu bieten.