Alles auf einen Blick — Erhebung vom 23./24.05.2023

Eine Zusammenstellung der wichtigsten Befunde mit Abbildungen und Empfehlungen finden Sie im aktuellen Foliensatz.

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Ausführlichere Analysen zu der Welle finden Sie unter der PACE Übersichtsseite

Kurzzusammenfassung

Die PACE Befragung (Welle 15: 23./24.05.2023, n = 1006) basiert auf einer deutschlandweiten, nicht- probabilistischen Online-Quotenstichprobe, die die erwachsene Allgemeinbevölkerung zwischen 18 und 74 Jahren für die Merkmale Alter x Geschlecht und Bundesland abbildet. Fragebögen können hier eingesehen werden.

Hintergrund: Risikogruppen für gesundheitliche Folgen von Hitze

Die Klimakrise hat weitreichende Folgen für die menschliche Gesundheit. Eine der offensichtlichsten Auswirkungen ist die Zunahme der Temperatur und von extremen Hitzeereignissen. Hohe Temperaturen können erhebliche Risiken für den menschlichen Körper darstellen, insbesondere für bestimmte Teile der Bevölkerung.

Warum sind hohe Temperaturen ein Problem für den menschlichen Körper? Der menschliche Körper funktioniert nur in einem engen Temperaturbereich um die 37°C. Er muss daher versuchen, seine Temperatur möglichst konstant zu halten. Bei dieser Regulation spielen der Flüssigkeitshaushalt und das Herz-Kreislauf-System eine bedeutende Rolle. Hohe Temperaturen können diese Regulation an ihre Grenzen bringen. Die Störung oder der Ausfall der Temperaturregulation kann dann zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen.

Welche gesundheitlichen Probleme treten bei Hitze auf? Ist die Temperaturregulation einmal aus dem Gleichgewicht, können die Folgen vielfältig sein. Die Auswirkungen von Hitze auf den menschlichen Körper reichen von milden Beschwerden wie Schwindel, Kopfschmerzen und Muskelkrämpfen bis hin zu schweren Gesundheitsproblemen wie Hitzeerschöpfung oder sogar lebensbedrohlichen Zuständen wie dem Hitzschlag. Hitzebelastung kann zu erhöhter Herzfrequenz, niedrigem Blutdruck, verminderter kognitiver Funktion (Denkfähigkeit), Austrocknung und Überhitzung führen. In extremen Fällen kann sie zu Organversagen und Tod führen.

Liegen bereits Vorerkrankungen oder körperliche Belastungen vor, kann der Körper sich besonders schlecht auf gesteigerte Temperaturen einstellen und reagieren. Dasselbe gilt für Personen, die bestimmte Medikamente einnehmen.

Welche Bevölkerungsgruppen sind daher besonders durch Hitze gefährdet und warum? Bestimmte Bevölkerungsgruppen sind anfälliger für die negativen gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze.

Dazu gehören:

Ihre physiologischen Besonderheiten machen sie anfälliger für Hitzestress und hitzebedingte Erkrankungen.

Welche Auswirkung hat Hitze auf Medikamente und deren Einnahme? Bestimmte Medikamente können die Temperaturregulation des Körpers beeinflussen. Dies betrifft besonders Arzneimittel, die in den Flüssigkeitshaushalt oder das Herz-Kreislaufsystem eingreifen. Hitze kann aber umgekehrt auch die Wirksamkeit von Medikamenten beeinträchtigen, insbesondere wenn die Medikamente über längere Zeit hohen Temperaturen ausgesetzt sind. Wichtig ist daher eine Abklärung der Einnahme und Lagerung von Medikamenten vor und während Hitze-Ereignissen.

Warum ist dieses Wissen wichtig für die Risikowahrnehmung und das Risikoverhalten? Wissen über die Folgen von Hitze auf den menschlichen Körper ist entscheidend für die individuelle Risikowahrnehmung und Schutzmotivation – und damit auch für Hitzeschutzverhalten. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass Risikogruppen, ihr Umfeld und Pflegekräfte über die Gefahren von Hitze informiert sind und geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen können.

Dazu gehören:

Kurzzusammenfassung der PACE Ergebnisse zum Thema HITZE

Gefühltes Risiko ist nicht gleich echtes Risiko | Suboptimales Informationsverhalten | Ärzt*innen als wichtige Aufklärungsquelle

Bei zwei Dritteln lagen Risikofaktoren vor, häufig sogar mehrere. Nur ein Drittel nahm sich jedoch als Risikoperson wahr – mindestens ein Drittel der Befragten unterschätzte also ihr eigenes Hitzerisiko. Wer seinen Risikostatus nicht kennt, zeigte weniger Hitzeschutzverhalten. Unterschätzte Risikofaktoren sind chronische Erkrankungen, Adipositas, intensiver Sport, schwere körperliche Arbeit oder Arbeit im Freien, Alkoholkonsum und Alter über 65. Hierbei ist es wichtig, dass einige der Risikofaktoren bei Hitze beeinflussbar sind (z.B. Alkoholkonsum, intensiver Sport). Um sich pber Hitze, Hitzetage und Schutzverhalten zu informieren, werden besonders häufig Wetter-Apps, Fernsehen und Radio genutzt. ÄrztInnen werden v.a. von Personen mit multiplen Risikofaktoren als Informationsquelle genannt. Wer stärker gefährdet ist, informiert sich tendenziell häufiger über Hitzewellen, aber weniger darüber, ob Hitzetage anstehen und wie man sich vor Hitze schützt. Wer weniger weiss fühlt sich dennoch gut informiert. Wer Risikopersonen beruflich oder privat betreut, wusste weniger über Hitzerisiken Bescheid, obwohl sich diese Gruppe häufiger zum Thema Hitze informiert. Weniger als die Hälfte der Personen mit multiplen, tatsächlich vorliegenden Risikofaktoren hat bereits mit ÄrztInnen über das Thema Hitze und die damit verbundenen Risiken für ihre Gesundheit gesprochen.

Handlungsempfehlungen:

Die Befunde im Einzelnen

Risikogruppen für Hitze: wahrgenommene und tatsächliche Zugehörigkeit zu Risikogruppen

Knapp ein Drittel der Befragten denkt, dass sie zu einer Risikogruppe für gesundheitliche Auswirkungen von Hitze gehören. Nach der oben beschriebenen Definition der Risikogruppen waren jedoch über zwei Drittel der Personen tatsächlich mindestens einer Risikogruppe zuzuordnen. Das heißt, dass bei vielen Risikofaktoren im Vergleich zur Selbsteinschätzung doppelt so viele Leute von diesem Risiko tatsächlich betroffen waren. Mindestens ein Drittel der Befragten unterschätzte damit ihr eigenes Hitzerisiko. Besonders große Diskrepanzen zeigten sich vor allem bei chronisch Erkrankten, Personen mit Adipositas (body mass index über 30) und bezogen auf Risikofaktoren, die bei Hitze ggf. beeinflussbar sind wie bei Hitze intensiv Sport treiben, schwere körperliche Arbeit oder Arbeit im Freien verrichten und übermäßig Alkohol trinken (mehr als 5 Gläser auf einmal oder 5-7 Tage die Woche). Das Wissen um den eigenen Risikostatus hängt auch mit der Risikowahrnehmung zusammen; wer um seinen Risikostatus weiß, nimmt Hitze als schwerwiegendes Gesundheitsrisiko wahr.

Fürsorge für Risikopersonen

Ca. die Hälfte gab an, in der letzten Hitzesaison nicht besonders auf alleinstehende, möglicherweise gefährdete Personen in ihrem Umfeld geachtet zu haben (z.B. sie gefragt zu haben, ob sie etwas brauchen). Häufigste Gründe sind kein Zugang, nicht wollen, Vergessen oderZeitmangel. 260 Personen gaben an, sich beruflich oder privat um Menschen zu kümmern, die einer Risikogruppe für Hitzschläge angehören. In dieser Gruppe ist geringfügig niedrigeres Wissen über Hitze zu finden. Fast zwei Drittel der Betreuenden wussten nicht, wann ein Tag ein Hitzetag ist (ab 30 Grad) und nur die Hälfte konnte die Symptome eines Hitzschlags identifizieren. Dies war etwas schlechter als bei Personen, die keine Risikopersonen betreuen. Betreuende informieren sich jedoch über fast alle Medien hinweg häufiger über das Thema Hitze, am häufigsten über Wetter-Apps oder das Radio.

Interpretation: Zwar informieren sich Betreuende von Risikopersonen häufiger über Hitze, einige relevante Informationen scheinen aber nicht vermittelt zu werden oder handlungsrelevant anzukommen. Bei Hitzetagen sollten häufig genutzte Medien (Wetter Apps, Radio) z.B. im Rahmen der Wetter-Nachrichten darauf hinweisen, welche Menschen besonders gefährdet sind und worauf zu achten ist.

Hitzeschutzverhalten

Die meisten Befragten haben am Morgen und tagsüber gelüftet sowie die Sonne gemieden und ihre Kleidung angepasst. Außerdem gaben sie an, ihre Ernährung und Trinkverhalten angepasst zu haben. Von den chronisch erkrankten Befragten gaben 67% an, Medikamente hitzegerecht gelagert zu haben. Geringer ist der Anteil derjenigen, die von einer ÄrztIn oder ApothekerIn haben prüfen lassen, ob Medikamente infolge der hohen Temperaturen anders dosiert werden müssen (9%). Wer Risikogruppe ist, es aber nicht weiß, zeigte in der vergangenen Hitze-Saison teilweise etwas weniger Hitzeschutzverhalten als Personen, die Risikogruppe sind und dies auch wissen. Risikopersonen, die ihren Risikostatus nicht kennen, verschieben seltener Aktivitäten im Freien auf die Morgen- und Abendstunden, meiden seltener körperliche Aktivitäten und bleiben seltener im Schatten. Für viele andere Hitzeschutzverhaltensweisen gibt es kleiner oder keine Unterschiede zwischen den Gruppen mit und ohne Risikofaktoren.

Barrieren von Hitzeschutzverhalten

Der häufigste Grund, warum an Hitzetagen im vergangenen Jahr kein Hitzeschutzverhalten gezeigt wurde, war „ich wollte es nicht“. Unbekannt war vielen die Wichtigkeit der Anpassung von Medikamentendosen oder die angepasste Aufbewahrung von Medikamenten bei Hitze. Fehlender Zugang wurde v.a. beim Aufsuchen kühler Räume genannt: 17% der Personen, die dieses Verhalten nicht zeigten, gaben an, keinen Zugang zu haben. 22% gaben an, dass sie keinen Zugang zu einem Ventilator hatten. Das Vermeiden körperlicher Belastung oder Verschieben von Aktivitäten auf Morgen- und Abendstunden sowie morgendliches Lüften fand häufig aus Zeitmangel oder aus finanziellen Gründen nicht statt.

Interpretation: Die Daten weisen darauf hin, dass oft Wissen vorhanden ist, aber die Motivation nicht ausreicht, um das Verhalten zu zeigen. Für einige Verhaltensweisen sollten wo möglich Zugang geschaffen und auch im Arbeitsalltag Freiräume ermöglicht werden.

Erleben von warmen und heißen Tagen

Personen mit zwei oder mehr Risikofaktoren fühlten sich von den wärmsten Temperaturen in der Woche vor der Befragung häufiger belastet als Personen mit einem oder keinem Risikofaktor. Die meisten Befragten gaben an, sich bei einer maximalen Außentemperatur zwischen 25 und 30 Grad wohlzufühlen. Dies spiegeln auch die Daten zum Wohlbefinden in den Tagen vor der Befragung: bei wärmeren Temperaturen ab 25 Grad gab es entsprechend der bevorzugten Temperaturen größere Unterschiede im Wohlbefinden als bei niedrigeren Temperaturen. Ein Blick auf die Risikofaktoren und das Wohlbefinden zeigt: Personen über 65 fühlten sich eher wohl als Jüngere; Menschen mit akuten oder chronischen Erkrankungen sowie Personen mit hohem BMI fühlten sich eher unwohl. Viele Risikofaktoren hingen allerdings nicht mit Unterschieden im Wohlbefinden zusammen. Es ist wichtig zu beachten, dass es nur einen wärmeren Tag in der Woche vor der Befragung gab und da die Höchsttemperatur in Deutschland unter 30 Grad lag – erst dann gilt ein Tag als Hitzetag.

Interpretation: In weiteren Erhebungen werden wir untersuchen, ob sich auch bei Hitzetagen oder länger andauernden Hitze-Ereignissen diese Muster zeigen. Aktuell scheint es wichtig darauf hinzuweisen, dass subjektives Wohlbefinden nicht zwingend ein Indikator sein muss für Gefährdung, im Gegenteil: Ältere fühlten sich besonders bei wärmeren Temperaturen wohl; dies könnte dazu führen, dass sie sich womöglich übermäßig hohen Temperaturen aussetzen.

Wissen über Hitze

Unter der Hälfte der Befragten wusste, dass man von einem Hitzetag spricht, wenn zum heißesten Zeitpunkt mindestens 30 Grad Lufttemperatur sind. Jeder Dritte konnte nicht richtig beantworten, wie man Personen mit Hitzschlag korrekt versorgt (Rettungsdienst rufen). Bei der Abfrage von Symptomen eines Hitzschlags konnten die Hälfte diese nicht komplett korrekt auswählen. Personen mit mehreren Risikofaktoren beantworten etwas weniger Wissensfragen zu Hitze richtig als Personen mit keinem oder nur einem Risikofaktor. Sie fühlen sich jedoch genauso gut informiert wie Personen mit keinem oder nur einem Risikofaktor.

Informationssuche-Verhalten und Informationsquellen

Personen mit mehreren Risikofaktoren informieren sich tendenziell häufiger über das Thema Hitze, aber der Unterschied ist klein. Am häufigsten werden von allen Befragten Wetter-Apps, Fernsehen und Radio genutzt. ÄrztInnen werden v.a. für Personen mit multiplen Risikofaktoren als Informationsquelle genannt. Risikopersonen konsultieren fast alle Quellen (außer ÄrztInnen) seltener als Personen ohne Risikofaktoren, um sich über anstehende Hitzetage zu informieren. Am häufigsten werden Informationen über anstehende Hitzetage aus Apps oder aus Angeboten des Deutschen Wetterdienstes entnommen. Personen mit mehreren Risikofaktoren informieren sich tendenziell häufiger über die gesundheitlichen Folgen von Hitze als Personen ohne Risikofaktoren, aber seltener über Schutzverhaltensweisen. Insgesamt informieren sich alle Befragten seltener über Schutzverhaltensweisen als über die gesundheitlichen Folgen von Hitze. Ärzt*innen sind für alle Gruppen hier die am häufigsten genannte Quelle für Informationen über Schutzverhaltensweisen. Eine geringere Informationssuche durch Risikopersonen lässt sich nicht durch einen Vorsprung bereits vorhandenes Wissen erklären – im Gegenteil: Hier weisen Personen mit mehr Risikofaktoren weniger Wissen auf.

Interpretation: Sehr verwendete genannte Quellen (Deutscher Wetterdienst, Apps, Fernsehen und Radio) werden deutlich seltener als Quellen für Informationen über Hitzerisiken und Schutzmaßnahmen genannt. Hier kann eine Chance für Aufklärung liegen, da diese Quellen auch von Risikopersonen häufig genutzt werden und oft über “Push” Nachrichten verfügen (z.B. Apps). Dies könnte auch kompensieren, dass Risikopersonen seltener aktiv selbst nach Informationen über Hitzetage oder Schutzverhalten suchen und Personen mit multiplen Risikofaktoren weniger Wissen über Hitze und Schutzverhalten haben.

Interaktionen mit Ärzt*innen zum Thema Hitze

Wer sich selbst zu einer Risikogruppe für gesundheitliche Hitzefolgen zugehörig fühlt, hat bereits häufiger mit ÄrztInnen über Hitze gesprochen. Je mehr tatsächliche Risikofaktoren vorliegen, desto häufiger haben die Betroffenen auch schon mit ÄrztInnen über das Thema geredet. Jedoch hat weniger als die Hälfte der Personen mit multiplen, tatsächlich vorliegenden Risikofaktoren bislang mit ÄrztInnen über das Thema gesprochen. Zwei Drittel der Personen mit einem Risikofaktor (die häufigsten sind chronische Erkrankungen, intensiver Sport, Adipositas, Alter über 65, schwere körperliche Arbeit) haben noch nie mit ÄrztInnen über gesundheitliche Hitzefolgen gesprochen.

Interpretation: ÄrztInnen sind insbesondere zum Thema Hitzewellen für die Gesundheit für alle Personen eine wichtige Informationsquelle. Besonders Personen mit mehreren Risikofaktoren könnten von Gesprächen mit ÄrztInnen profitieren, da sie generell weniger über Hitze und entsprechendes Schutzverhalten wissen. ÄrztInnen sollten für die Risikofaktoren und für Schutzverhaltensweisen sensibilisiert werden.