Von Kathleen Kröger
Kino im Freien war nicht nur bei den jährlichen DDR-Sommerfilmtagen Thema. Neben Freilichtbühnen etablierten sich vor allem in den Urlaubsgebieten an der Ostsee die sogenannten „Blechbüchsenkinos“ – Lichtspielhäuser, die den Filmgenuss auf Campingplätzen auch bei Wind und Wetter möglich machten.
Die Namen für röhrenartigen Blechkonstruktionen, in denen im Sommerurlaub Filme für klein und groß gespielt wurden, sind vielzählig. Strandkinos, Zeltkino, Kinohalle oder auch Kinozelt sind alles Bezeichnungen, die für den Lichtspielbetrieb in den Sommertagen stehen.Ihre Geschichte beginnt in den späten 1950er Jahren. Nachdem der Sommerurlaub an der Ostsee zum Klassiker für die Sommerferien vieler DDR-Familien wurde, gab es mit steigenden Urlauberzahlen auch mehr Interesse am Kinovergnügen.
Wie die Betreiber der Website „Zeltkino Hiddensee“ recherchiert haben, bestanden die ersten kleinen Lichtspieltheater dieser Art noch aus Holzkonstruktionen, bevor sich die heute noch vereinzelt als Relikt ihrer Zeit erhaltene Blech-Variante etablierte. [1]
Vor den witterungsresistenten Leichtmetallbauten zeigte sich jede Saison die Problematik des Auf- und Abbaus, da die „Zeltkinos“ ihren Namen tatsächlich nicht nur durch ihr optisches Erscheinungsbild trugen, sondern tatsächlich aus einer Grundkonstruktion mit daran geknüpften Planen bestanden:
„Der regelmäßige Aufbau (ab Mai) und Abbau (im September) beanspruchte die Planen sehr und war mit großem Arbeitsaufwand verbunden, beides verursachte hohe Kosten. Daher entwickelte man Varianten, um die vorhandenen Zeltgerüste mit Leichtmetall einzudecken“, wie Wolf-Frieder Jakob in seiner Diplomarbeit zum Lichtspielwesen im Bezirk Rostock festhält. [2]
Vom Zelt zum Saal – von der Sitzbank zum Klappstuhl
Hatten ab 1958 die Orte Boltenhagen (bei Wismar), Prerow (auf dem Darß) und Bansin (auf Usedom) diese besagten Zeltkinos, freute man sich ab 1971 in Koserow auf Usedom über das erste Strandkino mit Wellaluminium-Dach. [3] Doch auch dieses Variante wurde ab 1975 modernisiert, sodass sich bis zu den 1980er Jahren Schritt für Schritt das heute an mancher Stelle noch sichtbare veredeltes Eisenblech als die beständigste Dachart zeigte. Nachdem mit dem festen Dach nun eher ein Saal anstatt ein Zelt für Kinospaß sorgte, bürgerte sich schnell der heute noch geläufige und eingängige Name „Blechbüchsenkino“ im Volksmund ein. Nach und nach wurden Vorbauten, Kassenräume und je nach Größe sogar kleine Foyers dazu gebaut.
Hiddensee als Inselgemeinde hatte ab 1963 ein Kino, was nach einem Sturm jedoch 1964 nach Vitte zog. Laut Chronik der späteren Kinobetreiber wurden die typischen Sitzbänke, wie sie heute auch noch im Strandkino in Wustrow zu finden sind, später durch Holzklappstühle ersetzt, die ein Konvolut aus den Beständen der umliegenden Lichtspielhäusern waren. Drei Vorstellungen täglich sorgten hier über Jahrzehnte für Unterhaltung in den Ferien. [4]
Erinnerungen an Strandkinos werden konserviert
Recherchiert wurden seitens des Teams des Zeltkinos Hiddensee auch interessante Statistika zum Bezirk Rostock. So sind neben 47 festen Filmtheatern auch 21 überdachte Kinohallen, 18 Zeltkinos und 7 Freilichtbühnen mit stationärer Kinotechnik festgehalten.
Doch nicht nur die Einheimischen, die ehemaligen Kinobetreiber und früheren Besucher der „Blechbüchsen“ halten ihre kleinen Filmtheater in guter Erinnerung. Neben einem 2020 erschienen Buch zur Kinogeschichte Hiddensees[5] hat sich im Frühjahr 2021 auch der Mitteldeutsche Rundfunk mit den Strandkinos der DDR beschäftigt [6], sodass die Urlaubskinos seither wieder präsenter für die lokale und institutionelle Forschung werden.
Als Teil vieler Ferienwochen sind die Strandkinos jedoch vor allem in den Erinnerungen der Zeitzeugen fest verankert, die bis 1990 ihre Küsten- und Campingurlaube im heutigen Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern verbracht haben.
Waren Sie zu DDR-Zeiten in einem Zeltkino? Welche Erinnerungen haben Sie an Kino im Urlaub? Teilen Sie jetzt Ihre Kinoerlebnisse auf unserer virtuellen Forschungsplattform und helfen Sie uns, diese einmalige Kinokultur vor dem Vergessen zu bewahren: https://projekte.uni-erfurt.de/kinoinderddr/.
Einzelnachweise:
[1] http://www.zeltkino-hiddensee.de/geschichte.html
[2] Ebenda. Frei zitiert nach Wolf-Frieder Jakob: “Zur Entwicklung der Struktur des Lichtspielwesens und der sozialistischen Filmpolitik im Territorium des Bezirkes Rostock (dargestellt im Zeitraum von 1945 bis zur Gegenwart)”. Diplomarbeit, Leipzig 1979.
[3] Hiddensee Inselnachrichten, Mai 2003, Seite 10: “Voll besetzt und immer lange Schlangen” von Lena Blandez, 1999.
[4] http://www.zeltkino-hiddensee.de/geschichte.html
[5] Mehrwald, Jörg: „Zeltkino Hiddensee: Eine Hiddenseer Kulturgeschichte 2012 – 2020“, 342 Seiten, ISBN: 978-3753481296.
[6] MDR-Umschau, „Was wurde aus den Strandkinos der DDR?“: https://www.mdr.de/tv/programm/sendung934276.html [Stand 13. August 2021].
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