Von Patrick Rössler
Ihre Ausmaße sind gewaltig, ihre Bildwirkung monumental: Mit zweieinhalb Metern Breite und einer Höhe von über einem Meter sprengen die Großflächenplakate zur Filmwerbung in der DDR die Dimensionen der üblichen Kinopublizistik. Überlebensgroß blickt das Porträt von Brigitte Bardot auf den Betrachter herab, in bestem Breitwand-Format öffnen sich die Weiten des Weltraumes und Kriegspanoramen. Ein Bildband anlässlich des 75. Gründungsjubiläums der DEFA zeigt nun über 150 Beispiele für diese Filmwerbung, vornehmlich von Anfang bis Mitte der 1960er Jahre.
Künstlerisch genießt das Kinoplakat der DDR in Fachkreisen bis heute einen hervorragenden Ruf. Ein Grund für die außerordentliche Qualität dieser Werbegrafik liegt sicher in der Tatsache, dass sich die nahe liegende Strategie, nämlich schlicht ein Standbild aus dem Film für das Plakat zu vergrößern, niemals durchsetzen konnte. Stattdessen stand fest, dass eine attraktive Illustration bei einem der führenden Werbegrafiker in Auftrag gegeben wurde, was der Branche auch verlässlich Aufträge von erheblicher Reputation und weitester Verbreitung eintrug. Das stilistische Repertoire von Künstlern wie Werner Klemke, Erhart Grüttner oder Thomas Schleusing war so breit wie ihre Anerkennung groß.
In der Literatur aber weitgehend unbekannt, weil in den Archiven kaum überliefert, sind die Großflächenplakate zur Außenwerbung an den renommierten Filmtheatern: Von den aufwändigen, überformatigen Drucken auf stärkerem Papier wurde in der (stets auf einen effektiven Rohstoffeinsatz ausgerichteten) DDR-Planwirtschaft nur eine geringe Anzahl hergestellt. Und diese wenigen Exemplare wurden primär durch Klebung verarbeitet, so dass sie nach Verwendung verloren waren und einfach überkleistert wurden. Umso erfreulicher, dass nun ein Bildband insgesamt 162 Plakatbeispiele versammelt, die zwischen 1959 und 1966 entstanden sind. Hier zeichnet sich bereits der gestalterische Umbruch ab, der im Laufe der 1960er Jahre massiv einsetzen sollte. Die Auswahl dokumentiert die Sammlung der Universitätsbibliothek Erfurt, wo sich in den Beständen der Interdisziplinären Forschungsstelle für historische Medien (IFhM) ein Konvolut von über 100 unbenutzten Großflächenplakaten erhalten hat, und die für die Publikation um gut 30 weitere Plakate aus einer Privatsammlung ergänzt wurde.
Ihre kultur- und filmhistorische Bedeutung beziehen diese beeindruckenden Objekte aber nicht bloß aus ihrer schieren Größe, sondern weil es sich in allen Fällen um Abwandlungen der bekannten Plakatmotive handelt: Ausnahmslos musste die Werbebotschaft nun im Querformat angelegt werden – und nicht wie sonst üblich im Hochformat. Ironischer Weise erscheint dies dem filmischen Medium sogar angemessener, denn das Großflächenplakat wirkt fast wie die Projektion auf eine Cinemascope-Leinwand.
In der Konsequenz resultierten hieraus reizvolle Variationen der bekannten Motive, speziell was den Einsatz der Typografie angeht: Der zusätzliche Raum wurde gerne genutzt, um Filmtitel und Slogans hervorzuheben, während Elemente der ursprünglichen Plakatgestaltung neu arrangiert, platziert und grafisch eingebunden sind. Im Einzelnen wurden, verglichen mit dem Standard-Plakatmotiv, Schlüsselmotive oft erhalten und nur etwas anders angeordnet, aber meist die Schrift größer gezogen – Plakate dieses Formats waren auf Fernwirkung angelegt und konnten in der Regel nur aus der Distanz betrachtet werden.
So ungewohnt uns heute diese monumentalen Filmplakate vorkommen, so üblich war ihr Einsatz im Rahmen der Progress-Werbekampagnen für neue Kinostarts. Für jedes Plakat trägt der Band daher einige Basisinformationen zum betreffenden Film zusammen, und um den Gesamtcharakter von Film und Kampagne zu verdeutlichen, finden sich einzelne weitere Werbematerialien wie Aushangfotos oder Wandzeitungen abgedruckt. Aus deren Inhalten lassen sich oft weitere Aufschlüsse über den Inhalt des Films oder die Gestaltung der Plakate entnehmen.
Das vorliegende Kompendium verdankt seine Entstehung auch der Kooperation der Erfurter Forschungsstelle mit der DEFA-Stiftung in Berlin und dem Internet-Angebot “Filmdienst. Das Portal für Kino und Filmkultur” (www.filmdienst.de). Finanzielle Förderung erhielt das Publikationsprojekt von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und der Ludwig Delp Stiftung in München. Weitere Unterstützung gewährten das Präsidium der Universität Erfurt, die Universitätsbibliothek Erfurt, die Fachhochschule Erfurt und die Forschungsbibliothek Gotha. Die Veröffentlichung verleiht auch der Hoffnung Ausdruck, sie möge anderen Forschern und Sammlern Anstoß und Inspiration sein, weitere Großflächenplakate der DDR zu lokalisieren und der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Der Verfasser ist Autor und Herausgeber des vorgestellten Bandes.
Weiterführende Informationen zur besprochenen Publikation:
“Großes Kino: Monumentale DDR-Filmplakate der 1960er Jahre” von Patrick Rössler; erschienen am 29.3.2021 zum 75. DEFA-Jubiläum, Verlag Bertz+Fischer, Berlin, 184 S. m. über 350 farbigen Abb., ISBN 978-3865054203.
Sehr geehrte Filmfreunde
Ich bin alter DDR.Kinogänger.In meinem Besitz sind fast ALLE DEFA-Filme auf DVD die dazu gehörigen Programmhefte bis 1978.Ausserdem Ufa-Filmraritäten
ab 1929 und ausländische Filmklassiker.Ich kannte ALLE Erfurter Filmtheater bis zu deren Schliessung.Ich bin 82 Jahre alt.Vielleicht kann ich Sie mit meinem Material unter stützen?Mit freundlichen Grüssen
HERBERT REUSCHEL