Von Eberhard Menzel

Das Haus in der Mitte des Bildes mit dem Fielmann-Geschäft besaß bis nach dem Er­sten Weltkrieg ein Kino im Parterre. Quelle: Stadtarchiv Erfurt.

Vor allem im Erfurter Altstadtzentrum gelang schon bald nach der Jahrhundertwende, Film-Theater zu begründen. So beabsichtigte der Geraer Geschäftsmann Hornbogen im Dezember 1906, im 2. Geschoss des 1898 vom Erfurter Architekten Wilhelm Schwethelm projektierten Wohn- und Geschäftshauses “Zum kleinen Schwanentreiber” einen Zuschauerraum für 150 bis 320 Personen einzurichten und kinematographische Vorführungen zu inszenieren. Dieses Ansinnen scheiterte, weil die Baupolizei die gewünschte Raumgröße von 160 Quadratmeter ablehnte. Aber schon Mitte Oktober 1908 startete der nachfolgende Hausbesitzer Carl Sommer einen zweiten Versuch und eröffnete im Parterre links das “Apollo-Theater”. Seitdem lockten die drei Worte “Apollo, Kino, Theater” in großen Buchstaben über dem mittigen Eingang und den Schaufenstern zum Lichtspielbesuch.

Dieses Foto vom 1. November 1910 zeigt einen Eingangswächter vor dem Kino Apollo­-Theater. Quelle: Stadtarchiv Erfurt.

Sommer veranlasste die Einrichtung eines 24,50 Meter langen und 4,06 Meter hohen ansteigenden Vorführraums mit 25 Klappsitzreihen für 220 Plätze, mit Projektionswand nach der Angerseite und einem Wandofen mit Gasheizung. Hinzu kamen feuerfeste Verkleidungen und Rabitzwände sowie eine Elektroanlage mit Umformer im Apparateraum. Es folgte der Bau moderner Innentoiletten und 1909 eines Foyers mit Auslagenfenstern zur Straße. Als originelle Ausnahme wirkte, dass ein fest angestellter Türsteher in schmucker Livree den ordnungsgemäßen Publikumsverkehr regelte und im Bedarfsfall auch Platzverweise oder Rausschmisse veranlasste.

Künstlerquartett begleitet Filmbilder musikalisch

Programmangebote versäumten nicht, die Vorzüge des “Apollo” zu preisen. So hieß es, es zeige “große, scharfe und flimmerfreie Bilder” und sei “gut geheizt und ventilliert”, es biete “einen behaglichen Aufenthalt”. Kinobetreiber Hermann Schumann ergänzte 1910: “Die Bilder werden durch Musikpiessen von meinem Künstlerquartett begleitet” (Anm. d. Red. Piessen: Zwischenspiele). Um 1911 musizierte der Berliner Dittmann am Flügel. Zeitweise waren außerdem “echte Caruso-Arien” zu genießen.

Ab 1. März 1911 fanden hier wie im Bioskop-Theater am Fischmarkt Kindervorstellungen statt. Dazu hieß es ausdrücklich: “In dieser Zeit kommen nur einwandfreie, von der Behörde geprüfte und genehmigte Bilder zur Aufführung, so dass dem Besuch der Kinder nichts im Wege steht.” 1910 inszenierte man zu den Weihnachtsfeiertagen besondere Dekorationen und für die Kleinsten Märchenspiele wie “Hänsel und Gretel mit Singbildern”.

Erotische Filmdramen besonders beliebt

Der neue Kinobesitzer Karl Krause annonciert ab April 1920 in dieser auffälligen Herzform seine Programme. Quelle: Stadtarchiv Erfurt.

Wann das Apollo-Theater in den Besitz des Kinounternehmers Hermann Conradus wechselte, ist ungewiss. Aber gesichert ist laut Thüringer Allgemeine Zeitung vom 2. April 1920, dass Conradus sein Unternehmen damals an Karl Krause verkaufte. Damit ging es allgemein wirtschaftlich wieder besser voran. Das Kino erfuhr eine gründliche Renovierung und Krause ließ selbstbewusst wissen: “Als langjähriger Fachmann und Filmvertreter erstklassiger Firmen bin ich in der Lage, nur gut gewählte Programme zu spielen.” Sein Publikum überraschte er fortan mit dem werbenden Hinweis “Apollo-Theater im Herzen der Stadt” auf dem Untergrund einer Herzform.

Diese Bauzeichnung vom 23. Juli 1912 zeigt den Einbau von zwei Notausgängen für das Apollo-Theater. Quelle: Stadtarchiv Erfurt.

Aufmerksamkeit erreichte er im Übrigen durch eine Reihe erotischer Filmdramen, deren Spielzeit fast ausnahmslos verlängert werden musste. Mit den Titeln “Das Recht der freien Liebe” sowie “Moderne Töchter” oder “Sklaven der Sinnlichkeit” und “Gezeichnete Mädchen” oder das “Schicksal einer Gezeichneten” setzte er 1920 eine Serie fort, die schon ein Jahrzehnt zuvor ihren Anfang genommen hatte.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich unter dem Titel “Das Apollo-Theater im Wohn- und Geschäftshaus Zum kleinen Schwanentreiber Anger 27 und das Edison-Filmtheater Löberstraße 17/18. Erfurter Kinogeschichte III” in “Stadt und Geschichte: Zeitschrift für Erfurt”, Heft 1/2014, Nr. 56. Er wurde uns freundlicherweise von dem Herausgeber und Autor der Zeitschrift, Eberhard Menzel, für die Veröffentlichung auf diesem Blog zur Verfügung gestellt. Der Artikel wurde aus redaktionellen Gründen um Zwischenüberschriften ergänzt.