Am 16. November 2019 fand die offizielle Auftaktveranstaltung des bürgerwissenschaftlichen Projektes “Kino in der DDR” statt. Rund 50 Personen erschienen im Kulturhaus Dacheröden in Erfurt, um sich über das Forschungsvorhaben von Wissenschaftlern der Universität Erfurt zu informieren.

Viele erinnerten sich an das Rattern des Projektors im Vorführraum, die geringen Eintrittspreise von etwa 1,10 Mark oder die zahlreichen DEFA-Streifen, für andere wiederum waren die politische Einflussnahme und Aufführungseinschränkungen prägend: Lebhaft wurde auf der Auftaktveranstaltung des Forschungsprojektes “Kino in der DDR” darüber diskutiert, was das Kinoerlebnis in der DDR so besonders machte.

Hierzu begrüßten die Projektleiter Christiane Kuller, Patrick Rössler und René Smolarski von der Universität Erfurt am frühen Samstagnachmittag, den 16. November 2019, rund 50 Bürgerinnen und Bürger im Kulturhaus Dacheröden in Erfurt. Eingeleitet wurden die zahlreichen Diskussions- und Gesprächsrunden mit abwechslungsreichen Vorträgen von Zeitzeugen, Filmschaffenden und Wissenschaftlern.

Thematisch führte als erste Rednerin Merve Lühr, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde, mit ihrem Vortrag „Arbeitsplatz Kino – Die Etablierung neuer Berufe und Tätigkeiten“ in das Programm ein.

Ihr Referat befasste sich mit den verschiedenen Berufstypen des frühen Kinos im 20. Jahrhundert – angefangen vom Rezitator, Platzanweiser und Geräuschemacher bis hin zum Pianisten, Schildermaler und Filmvorführer –, deren Rollen sich mit dem technischen Wandel änderten oder sogar komplett aus dem Kinoalltag verschwanden. Zeitlich spannte Merve Lühr einen Bogen von den ersten Kinosälen Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur Mitte der 50er Jahre, als der Ausbildungsberuf des Filmvorführers in der DDR entstand.

Zuschauer sahen Film wie zu Zeiten der DDR

Im Anschluss an den ersten Vortrag konnte das Publikum einen Filmvorführer bei der praktischen Arbeit beobachten. Hannes Ziegenhorn, studierter Elektrotechniker, zeigte nämlich auf einem mobilen Kinoprojektor des Typs Zeiss TK 35 aus den 50er Jahren, wie der Film zu DDR-Zeiten auf die Leinwand kam. Hierzu wurde ein Dokumentarfilm über Erfurt aus dem Jahr 1979 im 35mm-Format abgespielt, der bei vielen Zuschauern Erinnerungen an vergangene Zeiten weckte und für reichlich Gesprächsstoff in der darauffolgenden Diskussionsrunde sorgte.

Im weiteren Verlauf des Nachmittags stellte das Projektteam die Kernpunkte des bürgerwissenschaftlichen Forschungsprojektes „Kino in der DDR“ vor. Dabei skizzierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kurz das Forschungsvorhaben und erklärten, wie sich interessierte Bürgerinnen und Bürger in den Prozess der Wissensgenerierung einbringen können. Im Rahmen dieses Beitrages durfte sich das Publikum auch einen ersten Eindruck von der in der Entwicklung befindlichen virtuellen Forschungsumgebung verschaffen, auf der sämtliche Informationen und Materialien zum Projekt digital zusammenlaufen sollen.

Informatiker zeigten ersten Prototypen der digitalen Forschungsplattform

Die an der Umsetzung beteiligten Informatiker Beeke Müller und Martin Schlobach stellten dabei einige bereits implementierte Funktionen der Plattform vor. Neben dem geplanten Hochladen von digitalisiertem Material präsentierten die zwei Referenten auch eine Möglichkeit zur Georeferenzierung von Kinos und Vorführorten auf einer Online-Karte. In ihren Ausführungen gingen sie darüber hinaus auf weitere Schritte ein, die in naher Zukunft umgesetzt werden sollen. So ist es unter anderem geplant, spieltypische Elemente in Form eines Punktesystems und einer Bestenliste einzubauen.

In der folgenden Diskussions- und Fragerunde konnte das Publikum seine eigenen Gedanken zum Projekt einbringen sowie Rückfragen stellen. Die zahlreichen Anregungen und Hinweise halfen den Wissenschaftlern dabei, ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse der späteren Bürgerforscherinnen und Bürgerforscher zu entwickeln, um die Plattform und deren Kommunikation noch zielgruppengerechter zu gestalten.

Zeitzeugenberichte zu den DEFA-Trickfilmstudios

Zum Abschluss der Auftaktveranstaltung referierte Peter Fürst vom Deutschen Institut für Animationsfilm (DIAF) über die Geschichte der DEFA-Trickfilmstudios in Dresden. In seiner Präsentation richtete er den Fokus auf die verschiedenen Entwicklungsphasen des Studios, wobei er den gesamten Zeitraum von der Gründung bis zur Abwicklung nach der Wiedervereinigung abdeckte.

Zudem erläuterte Peter Fürst an beispielhaft gewählten Filmausschnitten die zahlreichen Filmgenres, die das Studio in Dresden bediente. Hierzu zählten unter anderem der Silhouetten-, Puppentrick-, Handpuppen- und Zeichentrickfilm. Begleitet wurde der Referent von seiner Frau Hanna Fürst, die 1957 in das Studio eintrat und bis 1992 an rund 200 Filmen als Schnittmeisterin mitwirkte. Zu ihrer Tätigkeit stand sie dem Publikum in einer offenen Fragerunde Rede und Antwort zu allem, was sie als Filmschaffende in ihrer 35-jährigen Beschäftigungszeit erlebte.

Teilnehmer wünschen sich Folgeveranstaltung

Am Ende des Programms bot ein abschließender Diskussionsblock allen Teilnehmern die Möglichkeit, noch einmal ins Gespräch zu kommen und ein Fazit über die Veranstaltung zu ziehen. Hierbei wurde schnell deutlich, dass ein großes Interesse an dem Forschungsvorhaben besteht und weitere Folgeveranstaltungen gewünscht werden.

Auf Grundlage der überaus positiven Resonanz durch die Teilnehmer hat das Projektteam bereits mit den ersten Planungen für eine Folgeveranstaltung im Jahr 2020 begonnen. Wer regelmäßig über mögliche Termine, Referenten und Neuigkeiten zum Projekt auf dem Laufenden gehalten werden möchte, kann sich hier für den Newsletter einschreiben.