Von Eberhard Menzel

Im Juni 1911 wurde auch ein “Grand Kinematograph Karthause” eröffnet, der aber bereits 1913 wieder geschlossen wurde. Quelle: Stadtarchiv Erfurt.

Schon um 1884 galt das “Restaurant zur Karthause” in verschiedener Hinsicht als empfehlenswertes Lokal. Vermutlich seit 1907 erhöhte es als “Gundermanns Gesellschaftshaus Karthause”, als Sommer­ und Winter-Etablissement seinen Rang mit Bällen, Liederabenden und vor allem Konzerten der Kapelle des 3. Thüringer Infanterie-Regiments Nr. 71. Ein umfang­reiches Gartengelände, Säle, Billardzimmer, Kegelbahnen und Gesellschaftsräume für Vereine standen zur Verfügung. Solide geschulte Köche sorgten für anspruchsvolle Menüs mit Austern, Beluga-Kaviar und Hummer. Gundermann agierte als Hauseigentümer und Restaurateur offenbar sehr geschäftstüchtig und gewandt.

Flimmerkiste mit Dramen, Schlagern und Detektivgeschichten im Ballsaal

Das Jahr 1911 setzte besondere Zäsuren. Die Thüringer Allgemeine Zeitung vom 25. Juni 1911 meldete die “Große Eröffnung des Grand Kinematographen Karthause, verbunden mit großem Konzert-Abend der gesamten Jäger-Kapelle des 6 Jäger-Regiments zu Pferde im Garten-Restaurant der Karthause”. Für den Eintritt von 30 Pfennigen in die Ballsäle konnten vier Vorführungen angesehen werden: “Die Königskrönung von England”, “Locustra”, “Die Gift­mischerin am Hofe Neros” (Drama), “Lotte kommt in Pension” (komischer Schlager), “7 Punkte” (Detektiv-Drama). Dass hier auch mindestens in den nächsten zwei Jahren noch die Flimmerkisten ihr Wesen trieben, bestätigen zahlreiche Werbekampagnen der Tageszeitungen.

Adressbücher Erfurts verschweigen Existenz der Karthause

So hieß es am 18. Juni 1913 in der Erfurter Allgemeinen Zeitung: “Sternenklar und über Lebensgröße werden heute Abend die Bilder im Lichtbildtheater vorgeführt”. Zur Vorführung gelangen 3 herrliche Dramen: “Der Einfall”, “Der wankende Musikante”, “Der Pferdedieb” sowie “Natur-, humoristische Bilder und Komödien”. Die Vorführungen der Stummfilme fanden zunächst in den Konzertpausen statt, wenig später folgten sie um 21.00 Uhr den 20.00 Uhr beginnenden musikalischen Darbietungen. Weitere Nachrichten über den Fortgang oder den Abbruch des Unternehmens ließen sich weder in den Bauakten des Grundstücks noch in anderen historischen Unterlagen finden. Adressbücher der Stadt Erfurt zwischen 1907 und 1914 verschweigen die Existenz dieses Kinolokals insgesamt.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich unter dem Titel “Das Volkskino-Theater im Haus Zum Schlehendorn in der Johannesstraße 91/92, das Union-Theater Michaelisstraße 30 und das Lichtspieltheater Karthause Kartäuserstraße 13/17. Erfurter Kinogeschichte IV” in “Stadt und Geschichte: Zeitschrift für Erfurt”, Heft 2/2014, Nr. 57. Er wurde uns freundlicherweise von dem Herausgeber und Autor der Zeitschrift, Eberhard Menzel, für die Veröffentlichung auf diesem Blog zur Verfügung gestellt. Der Artikel wurde aus redaktionellen Gründen um Zwischenüberschriften ergänzt.