Von Marlene Borchers

Sunny – eine unangepasste Sängerin, die ihren eigenen Weg geht, ist die Hauptfigur in einem Film, der nicht zuletzt aufgrund seiner Musik zu einem echten Kultfilm wurde. Ein Film, der den Lebensweg einer Frau modelliert, die sich traut, gegen den Strom zu schwimmen.

Mit Schiebermütze und Pelzkragen – Sunny auf dem Filmplakat. Quelle: ©DEFA-Stiftung.

Eine musikalische Erfolgsgeschichte

„Solo Sunny“, der letzte Spielfilm von Konrad Wolf, erfreute sich großer Beliebtheit und gewann zahlreiche Preise, unter anderem den FIPRESCI-Filmkritikerpreis. Die Filmmusik, die maßgeblich zum Erfolg des Filmes beitrug, wurde komponiert von Günther Fischer und gesungen von der Jazzsängerin Regine Dobberschütz. Der Film bot außerdem die Vorlage für ein Bühnenstück und ein 2008 uraufgeführtes Musical. [1]

Kunst und Identität

Ingrid, genannt Sunny (Renate Krößner), hat einen ungewöhnlichen Lebensstil: sie tourt als Schlagersängerin mit ihrer Band durchs Land, ist nur sporadisch in ihrer Wohnung anzutreffen und wenn sie da ist, hat sie manchmal Männerbesuch. Obwohl das Singen und die damit verbundene Anerkennung ihr großer Traum ist, ist sie nicht glücklich. Vor allem in ihrem Privatleben läuft es keinesfalls so, wie erhofft. Taxifahrer Harry (Dieter Montag) würde sie gerne heiraten, jedoch sagt ihr seine Lebenseinstellung nicht zu. Der Philosoph Ralph (Alexander Lang), mit dem Sunny eine Affäre hat, hat neben ihr noch eine andere Frau und ihr Kollege Norbert (Klaus Brasch) stellt ihr nach. Nur ihre Kollegin Christine (Heide Kipp) hält zu ihr.

Als die Situation mit Norbert zu einem Streit führt und Sunny nach einer öffentlichen Demütigung von der Bühne rauscht, wird sie aus ihrer Band ausgeschlossen. Sie verliert den Boden unter den Füßen. Doch Sunny gibt nicht auf, sie fängt an, mit einer anderen Band zu proben und wagt einen Neuanfang. [2]

Auf der großen Bühne dreht sich eine ganz eigene Welt. ©DEFA-Stiftung.

Unangepasstheit in einer angepassten Welt

Laute Musik, Männerbekanntschaften, Tauben im Schrank und die Angewohnheit, immer zu sagen, was sie denkt – ihr freier und offener Lebensstil sowie ihre direkte Art kommen nicht bei allen Leuten gut an. Die Schlagersängerin mit ihrer unkonventionellen Lebenseinstellung nimmt kein Blatt vor den Mund und lässt sich von nichts und niemandem davon abhalten, ihr Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Wahrscheinlich führte dies auch zu der großen Beliebtheit beim DDR-Publikum: mit mehr als fünf Millionen Zuschauern wurde „Solo Sunny“ zu einem Erfolg und ist bis heute einer der bekanntesten DEFA-Filme. [3]

Singen im Sozialismus

Vorlage für „Solo Sunny“ ist die Biografie von Sanije Torka. Journalistin Jutta Voigt führte ein Interview mit Torka, welches in der DDR jedoch nicht veröffentlicht wurde. Dieses Interview stellte sie Co-Regisseur und Drehbuchautor Wolfang Kohlhaase zur Verfügung und fungierte für den Film als Beraterin. So gibt „Solo Sunny“ Einblicke in die Künstlerkreise der DDR und verarbeitet das Leben einer Frau zu einem Werk, das durch seinen künstlerischen Anspruch und melancholische Gefühlsbetontheit zu einem DEFA-Klassiker wurde. [4]

Realismus zwischen Hinterhof und Rampenlicht. ©DEFA-Stiftung.

Eine besondere Frauenfigur

Mit dem Aufwerfen der Frage nach der eigenen Identität, dem Wunsch nach Erfolg und Anerkennung und der Filmmusik, die die melancholische Stimmung des Filmes erst zur Geltung kommen lässt, ist „Solo Sunny“ ein Film, der im Gedächtnis bleibt. Zwischen der Verletzlichkeit der Hauptfigur, der Weigerung, sich anzupassen und ihrem Wunsch, als Sängerin zu arbeiten, statt in die Fabrik zurückzukehren, werden persönliche und politische Akzente gesetzt, die eine einzigartige Atmosphäre erzeugen. Krößners Darstellung leistet dabei den entscheidenden Beitrag. Sunny lässt sich nicht bevormunden, sie sagt, was sie denkt und bleibt dabei dennoch verletzlich. Ein Blick in das Kunstmilieu der DDR – und ein Blick auf die Lebensgeschichte einer emanzipierten Frau. [5]

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Einzelnachweise:

[1] DEFA-Stiftung Filmdatenbank: Solo Sunny nach Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. DEFA-Spielfilme 1946-1992, Abgerufen am 15.08.2021 unter: https://www.defa-stiftung.de/filme/filme-suchen/solo-sunny/

[2] rbb (2021): Solo Sunny, Abgerufen am 15.08.2021 unter: https://www.rbb-online.de/film/s/solo_sunny.html

[3] mdr (2020): Renate Krößner – nach “Solo Sunny” folgte Überwachung und Ausreise, Abgerufen am 15.08. 2021 unter: https://www.mdr.de/kultur/kino-und-film/renate-kroessner-solo-sunny-portraet-lebenslaeufe-100.html

[4] Platthaus, Andreas (2010): Ein bisschen Aufbruch, Abgerufen am 15.08.2021 unter: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kino/momente-des-deutschen-films-vii-solo-sunny-ein-bisschen-aufbruch-1954517.html

[5] Deutschlandfunk Kultur (2020): Schauspielerin Renate Krößner ist gestorben. Jörg Taszman im Gespräch mit Nicole Dittmer, Abgerufen am 15.08.2021 unter: https://www.deutschlandfunkkultur.de/solo-sunny-darstellerin-schauspielerin-renate-kroessner-ist.1008.de.html?dram:article_id=477434